18.04.2024

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08.05.10 / Dumme Diebe, schnelle Justiz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Dumme Diebe, schnelle Justiz
von Harald Fourier

Dieser Fall beschäftigte ganz Deutschland: Nur 42 Tage nach dem spektakulären Überfall auf das Pokerturnier in einem Nobelhotel am Potsdamer Platz wurde jetzt Anklage gegen die mutmaßlichen Täter erhoben. Eine Anklage in dieser kurzen Zeit, das ist rekordverdächtig. Na bitte, geht doch. Da hatten sich die Bürger dieses Landes ja schon murrend daran gewöhnt, dass ihre Justiz für jedes Verfahren etliche Monate benötigt, bis es überhaupt in Gang kommt.

In einer schier unglaublichen Mischung aus Brutalität, Dreistigkeit und Naivität sind die Täter vorgegangen. Aus der Anklageschrift lässt sich jetzt ihre Geschichte rekonstruieren. Sie liest sich wie ein Krimi: Der angebliche Drahtzieher Ibrahim El-M. (29, drei Vorstrafen) suchte sich seine Komplizen in Kreuzberg zusammen. Wer nicht mitmache, über den würde man „im Kiez lachen“, soll er gedroht haben.

Die Gangster holten sich eine letzte Stärkung bei McDonald’s neben der Luxusherberge „Grand Hyatt“. Dann: Sturmhauben auf, Handschuhe an. Einer der mutmaßlichen Täter (Ahmad El-A., 20, auch drei  Vorstrafen) war mit einer Machete ausgestattet. Für Vedat S. (21, ebenso drei Vorstrafen) waren leider keine Handschuhe mehr übrig, er sollte daher gelbe Geschirrspülhandschuhe tragen. So was trägt ein echter Gangster aber nicht, muss er sich         gedacht haben (Bin-isch Mädchen, oder was?) und verzichtete ganz auf Handschuhe – weshalb er überall Fingerabdrücke hinterließ.

Auch andere Sachen liefen nicht rund: Ein Wachmann überwältigte zeitweise einen der Täter. In der kurzen Zeit rettete ein Hotelpage die Tasche mit dem Geld, so dass die Täter nur mit einem Bruchteil (rund 322000 Euro) abziehen konnten. Auf der Motorhaube eines Mercedes wurde die Beute dann aufgeteilt, sie ist bis heute verschwunden. Die fünf Angeklagten schweigen darüber, was aus dem Geld geworden ist. Nur Mustafa U. (20, neun Vorstrafen) hat einen kleinen Teil davon zurückgegeben. Bandenchef „Onkel Ibrahim“, der selbst im Fluchtwagen gewartet haben soll, hat seine Handlanger hinterher noch eingeschüchtert, ihn nicht zu belasten, denn auch nach „zehn oder 20 Jahren“ Knast würde man sich ja wiedersehen.

Die ganze Geschichte ist so klischeehaft, sie könnte als Vorlage für ein Drehbuch dienen. Ein Kreuzberger Clan-Chef, der schwere Jungs anheuert, in der einen Hauptrolle, ein einsamer Held, der das Schlimmste verhindert, in der anderen – und am Ende siegt das Gute. Leider sind die „Tatort“-Drehbücher zu „politisch korrekt“, als dass sie diese Geschichte detailgetreu wiedergeben könnten. Schade auch, dass die Berliner Justiz es nicht immer so einfach hat.


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