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08.05.10 / Gebrauchter Feind / Wie die Alliierten 1945 und danach ihre Rolle sahen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Gebrauchter Feind
Wie die Alliierten 1945 und danach ihre Rolle sahen

Das Ende des Zweiten Weltkriegs wurde von den Menschen in Deutschland sehr unterschiedlich erlebt: Für KZ-Befreite oder zuvor verfolgte NS-Gegner war es der „Tag der Befreiung“, das Elend, das die braune Diktatur über sie genbracht hatte, war vorüber.

Selbst viele, die nicht zu verfolgten Gruppen gehörten oder in stiller Opposition verharrt hatten, fühlten sich auf eigentümliche Weise von einer zentnerschweren Last befreit. Der Krieg, das Bomben und Töten hatte aufgehört, man hatte überlebt.

Anderen jedoch mochte nicht einmal Freude über das Ende des Hitler-Regimes Trost spenden. Die Millionen Überlebenden der Vertreibung oder die, die im Krieg alles und alle verloren hatten, deren Söhne, Väter, Brüder in Gefangenschaft verharrten oder „vermisst“ waren, deren Haus in Trümmern lag. Politisch denkende Deutsche, die ihr Land einem weiterhin schlimmen Schicksal entgegen gehen sahen, zerstört, zerschlagen von den Siegern, auch sie mochten angesichts der gewaltigen Annexionen im Osten nicht von „Befreiung“ sprechen.

Der erste Bundespräsident Theodor Heuß fasste die widersprüchlichen Gefühle in den  Satz, man fühle sich befreit und vernichtet zugleich. Diese Einschätzung der komplexen Gefühlslage galt jahrzehntelang als gültige Einschätzung der Situation von 1945.

Das änderte sich in den 1980er Jahren, als „Befreiung“ (ohne Wenn und Aber) als einzig zulässige Umschreibung für 1945 inthronisiert wurde. Noch heftiger wurde dies zum 50. Jahrestag der Kapitulation 1995 eingefordert. Führende Publizisten und Politiker bis hin zum damaligen SPD-Chef Rudolf Scharping rückten alle, die sich nicht ohne Einschränkung zum Begriff „Befreiung“ bekennen wollten, in die Nähe von Verharmlosern des NS-Regimes.

Kaum Beachtung fand in der seinerzeitigen Debatte, welche Absichten die Besatzungsmächte beim Einmarsch in Deutschland eigentlich selber verfolgten. In der Direktive „JCS 1067“ an den Oberbefehlshaber der US-Truppen legte Washington im April 1945 Ziele und Charakter seiner Besatzungspolitik fest. Darin heißt es unter Punkt 4b wörtlich: „Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat.“ Auch werden hier strengste Auflagen für die deutsche Wirtschaft festgehalten, die allein zum Zwecke der Selbstversorgung mit dem Allernötigsten wiederhergestellt, ansonsten aber demontiert werden solle.“

JCS 1067 blieb offiziell bis Mitte 1947 in Kraft, jener Zeit also, als der Ost-West-Konflikt unter den Siegern des Zweiten Weltkriegs ausbrach. Skeptiker der These von der ungetrübten „Befreiung“ argumentieren denn auch, dass viele der Besserungen, die heute vielfach als von Beginn an geplante Charakteristika einer guten Besatzungsherrschaft erscheinen mögen, erst durch Ausbruch des Kalten Krieges angeregt worden seien: Man habe die Bewohner Westdeutschlands plötzlich gebraucht.         Hans Heckel


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