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08.05.10 / Königsmacher im Glück / Bündnispartner Lega Nord macht Berlusconi Konkurrenz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Königsmacher im Glück
Bündnispartner Lega Nord macht Berlusconi Konkurrenz

Bei den Regionalwahlen vor einem Monat ging die Lega Nord als heimlicher Sieger hervor. Offiziell stand Silvio Berlusconi, Chef der Partei Popolo della Libertà (Volk der Freiheit), im Rampenlicht. Er hatte den Urnengang zu einem Referendum über seine Person und zu einer nationalen Probe für seine Mitte-Rechts-Regierung aus seiner Partei und der Lega Nord drei Jahre vor der nächsten Parlamentswahl erhoben. Trotz Affären, Korruptionsprozessen und Wirbel um Wahllisten erhielt der Cavaliere keinen Denkzettel von den Italienern, sondern konnte sogar Zugewinne verbuchen und der Linken vier Regionen abnehmen.

Vor allem im Norden hat Berlusconi die Wählergunst seinem kleinen Koalitionspartner zu verdanken. Umberto Bossis rechtsgerichtete Lega Nord erzielte Spitzenergebnisse in Piemont, Venetien und der Lombardei, die als industrieller und wirtschaftlicher Motor des Landes gelten.

Erstmals in ihrer Geschichte wird die Partei als stärkste Kraft in zwei Regionen den Regierungschef stellen. Sie dürfte zudem in Rom ihren Forderungen künftig mehr Nachdruck verleihen und zusätzliche Ministerposten beanspruchen. Im Ausland ist ihr Bild von populistischen und fremdenfeindlichen Parolen geprägt. Ihr Erfolg hat verschiedene Gründe.

Entstanden aus verschiedenen Autonomiebewegungen in Oberitalien wurde die Lega Nord Anfang der 1990er Jahre zur Massenpartei. Ihr Aufstieg fußte maßgeblich auf dem Zusammenbruch des politischen Systems infolge diverser Korruptionsskandale in Politik und Wirtschaft. In dieses Vakuum stieß Bossi an der Seite von Berlusconis Unternehmerpartei „Forza Italia“ und den geläuterten Neofaschisten der „Nationalen Allianz“. Das Bündnis gewann die Wahl von 1994, nicht zuletzt aufgrund der Angst vieler konservativer Wähler vor einer „kommunistischen Gefahr“. Wenige Monate später sprengte die Lega mit ihrem Austritt die Regierung. Seit 2001 tritt sie wieder gemeinsam mit Berlusconi an und besetzt Schlüsselressorts wie das Innenministerium und das Wirtschaftsministerium.

Die Bürger fühlen sich von den großen Parteien in Zeiten der Wirtschaftskrise im Stich gelassen und von den Skandalen der Etablierten abgestoßen. Entweder schreiten sie gar nicht zur Urne – die Wahlbeteiligung lag historisch niedrig bei 64 Prozent – oder sie driften an die Ränder ab. Rechts der Mitte die Lega Nord und links die Anti-Korruptionspartei „Italien der Werte“ des Staranwalts Antonio di Pietro sowie die Protestbewegung des Kabarettisten Beppe Grillo fuhren zusammen ein Fünftel der Stimmen ein.

Seit die „Nationale Allianz“ unter Gianfranco Fini 2009 endgültig in Berlusconis „Volk der Freiheit“ aufging, ist die Lega Nord die drittgrößte Partei Italiens. Bossi besetzt exklusiv rechte Themen wie die Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Kriminalität, die Kritik am EU-„Superstaat“ und die Bewahrung regionaler Identitäten. Ihr altes Ziel der Abspaltung des wohlhabenderen Norditaliens von Süditalien hat die Lega abgeschwächt in eine Kampagne für Steuerföderalismus. Längst ist sie keine Ein-Themen-Protestpartei mehr, sondern lockt mit ihren wirtschaftsliberalen Positionen (Steuersenkungen, Entbürokratisierung) bürgerliche Kreise sowie klein- und mittelständische Unternehmer landesweit. Zudem will sie Staatsreformen durchsetzen wie das Präsidialsystem nach französischem Modell und die Einrichtung eines Senats der Regionen.             S. E. Gerber


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