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08.05.10 / Kulturbotschafter für Ruhr 2010 / Das Museum Stadt Königsberg zeigt die Sonderausstellung »Kant der Europäer«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Kulturbotschafter für Ruhr 2010
Das Museum Stadt Königsberg zeigt die Sonderausstellung »Kant der Europäer«

„Eine großartige und spannende Ausstellung. Die Stadtgemeinschaft Königsberg und das Museum Stadt Königsberg präsentieren sich als Kulturbotschafter für Ruhr 2010!“ Mit diesen lobenden Worten charakterisierte der Duisburger Kulturdezernent Karl Janssen die neue Sonderausstellung „Kant der Europäer“.

Dass die Thematik rund um den großen Philosophen Immanuel Kant und sein europäisches Denken nach wie vor für Aufmerksamkeit sorgt, zeigte schon die große Anzahl von rund 270 Gästen bei der feierlichen Eröffnungsveranstaltung in der Duisburger Salvatorkirche. In Anwesenheit des Schirmherren Bundestagspräsident Norbert Lammert und vieler weiterer Persönlichkeiten aus Politik und öffentlichem Leben wurden Immanuel Kant, seine europäischen Wurzeln und die europäische Kantrezeption gewürdigt. Klaus Weigelt, der Vorsitzende der Stadtgemeinschaft Königsberg, Karl Janssen, der Kulturdezernent der Patenstadt Duisburg, sowie die Ausstellungsveranstalter Steffen Dietzsch und Lorenz Grimoni boten erste Einblicke in die umfassende Kant-Schau, die im Museum Stadt Königsberg zu besichtigen ist.

Der Kulturdezernent Janssen unterstrich die Bedeutung der Ausstellung in der Hafenstadt Dui-sburg, die als kulturelle Brücke nach Königsberg zu verstehen sei.

Dietzsch von der Humboldt-Universität Berlin hob einige Besonderheiten Europas hervor, die Kant zu seinen Lebzeiten bereits erkannt hat. So etwa betrachtete der Philosoph Europa als das, was uns auch heute mit ihm verbindet: als ein Ort des Widerspruchs.

Kant hat auch den Erfindungsgeist der Europäer geschätzt, die die Fähigkeit haben, sich immer wieder neu zu definieren. Und vor allem hat er die Bedeutung der europäischen Hafenstädte als Stätten der Erweiterung von Menschen- und Weltkenntnis begriffen.

Auch in der Ausstellung wird auf die großen europäischen Hafenstädte – von Byzanz über La Valetta, Venedig, Neapel, Marseille, Lissabon, London, Amsterdam bis hin zu Königsberg und St. Petersberg – eingegangen, die laut Kant als exemplarische Orte der Überwindung von Provinzialität im Leben wie im Denken gelten. Die Parallele zu Duisburg, dem Hafen der diesjährigen europäischen Kulturhauptstadt ist gewollt.

Das Großereignis Ruhr 2010 war der willkommene Anlass dieser großen Sonderausstellung. In seiner Heimatstadt Königsberg hatte Immanuel Kant vielfach Gelegenheit, Menschen verschiedener europäischer Völker kennenzulernen. Mit seiner Rechts-, Staats- und Religionsphilosophie sowie seinen ethischen Gedanken zu Menschenwürde und Humanität wurde er ein Mitbegründer westlicher Werte und ein Vordenker des modernen demokratischen Nationalstaates. Durch seine Philosophie des Völkerrechts wird Kant nicht nur als ein Denker für Europa geschätzt, sondern für die ganze Welt.

Das Museum Stadt Königsberg – das übrigens über eine der umfangreichsten Sammlungen zu Kant und seiner Zeit verfügt – arbeitete bei der Vorbereitung der Schau und des wissenschaftlichen Begleitbandes mit verschiedenen Universitäten und Bibliotheken sowie mit Kantforschern von anderen Museen und mit privaten Leihgebern zusammen.

Bundestagspräsident Lammert hat in seinen „Vorbemerkungen“ zur Ausstellung von der Warte der praktischen Politik aus betont: „Aus dieser Perspektive und mit Blick auf den europäischen Eini-gungsprozess sticht aus dem Lebenswerk des seit 1775 in Königsberg lehrenden Immanuel Kant sein Traktat ‚Zum ewigen Frieden‘ heraus. Der Verweis auf diese Schrift, die mit ihren drei Defini-tivartikeln als ideengeschichtlicher Vorläufer des vereinten Europa gilt, ist natürlich nicht sehr originell und dennoch geboten.“

Schon beim Betreten des Museumsraumes ist eines der bekannten Kant-Zitate zu lesen. „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, heißt es da und somit wird der Besucher indirekt aufgefordert, sich von Kants Welt und seinem Europa-Gedanken eine persönliche Meinung zu bilden. Ein erster imposanter Blickfang ist die großflächige, von Emil Neide gemalte Inszenierung „Stoa Kantiana“, die eine Kopie von Raffaels „Schule von Athen“ ist. Davor steht die Kant-Büste von C. F. Hagemann, die wie auch das Gemälde aus dem hauseigenen Fundus des Museums Stadt Königsberg stammt. Es handelt sich um einen Nachguss der Königsberger Fassung durch die Gipsgießerei der Kunstakademie Königsberg zum 200. Geburtstag Kants 1924 in einer Auflage von sechs Stück.

Aus der Reihe der ausgestellten Kant-Büsten und Skulpturen ist eine private Leihgabe hervorzuheben, die eine verkleinerte Nachbildung des Denkmals von Christian Daniel Rauch (gegossen von Gladenbeck in Berlin 1857) darstellt. Diese Skulptur steht heute, ermöglicht durch eine Initiative von Marion Gräfin Dönhoff, auf dem früheren Paradeplatz vor der Kant-Universität in Königsberg.

Bei dem von Lorenz Grimoni geführten Rundgang durch die Ausstellung „Kant der Europäer“ konnten die Vernissagegäste, darunter auch der Bundestagspräsident, nicht nur die Glanzstücke der Ausstellung bewundern, sondern auch die eine oder andere interessante Hintergrundinformation zu den herausragenden Exponaten erfahren.

Ein Präsentationsbereich ist dem Leben Immanuel Kants in der europäischen Metropole Königsberg in Ostpreußen gewidmet. Unter dem Motto „Zwischen Geburt und Tod“ werden die bedeutendsten Etappen im Leben des Philosophen anhand von Urkunden, Fotografien und Bildern dokumentiert: von der Taufe und Herkunft über die Schul- und Studienzeit bis hin zu Kants Aktivitäten als Professor, seinen ersten Biographen und letztendlich zu seinem Tod und der Grabstätte.

Ein weiterer Ausstellungsbereich umfasst Kants europäische Bezüge in Königsberg und beleuchtet die Mission des Deutschen Ordens im Land der Prußen, die Hafenstadt Königsberg und die Königsberger Juden.

Im Präsentationsschwerpunkt „Der Trümmerhaufen der Philosophie“ geht es um Kants europäische Wurzeln. Hier sind Thesen, Ideen und Abhandlungen von Philosophen aus Portugal, Griechenland, Rom, Frankreich, England und Schottland zu lesen, mit denen sich der deutsche Philosoph auseinandergesetzt hat.

Im letzten Ausstellungsareal sind „Europäische Kantrezeptionen“ sowie wertvolle Erstausgaben und Schriften wie „Kant und die Europäische Union“, „Kant-Jubiläum in Königsberg“ und „Kant in Kaliningrad heute“ zu sehen.      Dieter Göllner

Die Ausstellung im Museum Stadt Königsberg, Karmelplatz 5, 47051 Duisburg, Telefon (0203) 2832151, ist noch bis zum 9. Januar 2011 zu besichtigen.


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