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15.05.10 / Herbe Schlappe für Merkel / NRW-Landtagswahl: Wahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland hatten schon immer bundespolitische Auswirkungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-10 vom 15. Mai 2010

Herbe Schlappe für Merkel
NRW-Landtagswahl: Wahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland hatten schon immer bundespolitische Auswirkungen

Wer auch immer mit wem zukünftig in Düsseldorf regiert, das Ergebnis der Wahl wird die Politik in Berlin mitbestimmen. Die CDU-FDP-Mehrheit im Bundesrat ist Vergangenheit, da diese Regierungskoalition in Düsseldorf abgewählt wurde. Die Regierung Merkel/Westerwelle in Berlin braucht zukünftig für föderative Gesetzesvorhaben die Unterstützung der SPD im Bundesrat. Es ist aus heutiger Sicht nicht vorstellbar, dass mit der SPD die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftmeiler oder die Steuersenkungspläne der FDP zu realisieren sind. Daraus ergibt sich: Die mit hoher Erwartung und einem hervorragendem Wahlergebnis 2009 ins Amt gelangte Regierung Merkel/Westerwelle ist eine Regierung von gestern. Das Regierungsprogramm für die Wahlperiode 2009 bis 2013 ist Makulatur.

Das Wahlergebnis ist mit über zehn Prozentpunkten Verlust für die Christdemokraten ein Debakel. Sowohl die Kanzlerin wie auch der bisherige Ministerpräsident Rüttgers (CDU) sind dafür mit verantwortlich. Beide sind – wie kein anderer Verantwortungsträger in der CDU – eingestanden für die Sozialdemo- kratisierung der Partei. Die innerparteiliche Diskussion um das Profil der CDU wird nun erneut beginnen. Diese notwendige Diskussion wurde bisher von der Bundesvorsitzenden Merkel nicht zugelassen.

Der selbsternannte Arbeiterführer  Rüttgers ist wohl am Ende seiner politischen Karriere angelangt. Das gilt auch für den Fall, dass er als Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag oder als Beteiligter an einer Regierungskoalition noch in einer weiteren Wahlperiode mitmischt. Wesentliche Akzente wird er nicht mehr setzen können.

Rüttgers ist immer überschätzt worden. Das war schon so, als er unter der Kanzlerschaft Kohls Zukunftsminister war. Es muss ihm angelastet werden, dass seine Mitbewerberin um das Spitzenamt in NRW, Hannelore Kraft (SPD), unterschätzt wurde. Rüttgers gefiel sich in der Rolle, das soziale Gewissen der Partei zu sein und Position gegen die eigene Bundesregierung zu beziehen. Das Desaster bei der West-LB hatte er 2005 von der SPD-geführten Vorgängerregierung geerbt. Gleichwohl hätte er dieses Pleiteinstitut durch Verkauf für NRW abwickeln müssen. Die Gelegenheit dazu hat es gegeben.

Rüttgers – so schrieb die „FAZ“ – ist ein Mann der vielen Volten. Es ehrt ihn, dass er am Wahlabend ohne wenn und aber die politische Verantwortung für die Wahlniederlage übernommen hat.

Auch die SPD ist Verliererin. Ihr Wahlergebnis im Stammland ist enttäuschend. Es ist das schlechteste Wahlergebnis bei einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen für die Sozialdemokraten. Vergleicht man das SPD-Ergebnis von 34,5 Prozent mit dem Abschneiden der Partei in NRW bei der Bundestagswahl, wird aber eine Stabilisierung der Partei erkennbar. Dabei darf nicht übersehen werden, dass „Die Linke“ die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat – mit Sicherheit durch die Mithilfe unzufriedener SPD-Wähler.

Die FDP ist hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen. Ihr Wahlziel, ein zweistelliges Ergebnis, wurde weit verfehlt. Westerwelle wird innerparteilich unter Druck kommen. Man darf prognostizieren, dass der FDP-Bundesvorsitzende und amtierende Außenminister sich künftig leiserer Töne befleißigen wird. Das FDP-Traumergebnis von knapp 15 Prozent bei der Bundestagswahl kam zudem nur zustande, weil viele Konservative „diesmal die FDP“ wählten. Sie werden es so schnell nicht wieder tun.

Die Grünen legten deutlich zu, weil tausende aus dem bürgerlichen Lager grün gewählt haben. Was in vielen Kommunalparlamenten schon gängige Praxis ist – schwarz-grüne Koalitionen – wird auch in den Bundesländern Normalität werden. Die Anfänge dazu sind bereits in Hamburg und im Saarland gemacht worden. Wilhelm v. Gottberg


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