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22.05.10 / Verschuldung macht Wächter notwendig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Verschuldung macht Wächter notwendig

Die Forderung nach einer Einschränkung der nationalen Budgethoheit speist sich vor allem aus der Erfahrung einer immer stärker ausufernden Verschuldung der Euro-Staaten. Ende vergangenen Jahres standen die EU-Staaten mit durchnittlich 78,3 Prozent ihres Bruttinlandsprodukts (BIP) in der Kreide. Ende 2010 wird diese Zahl deutlich über die Marke von 80 Prozent gestiegen sein.

Spitzenreiter waren Italien (115,8 Prozent), Griechenland (115,1) und Belgien (96,7). Auch Deutschland stand Ende 2009 nicht rosig da mit 73,2 Prozent, Frankreich noch etwas schlechter mit 77,6. In einer ähnlichen Größenordnung bewegen sich Portugal (76,8), Malta (69,1), Österreich (66,5), Irland (64,0) und die Niederlande (60,9 Prozent).

Zypern mit 56,2 und Spanien mit 53,2 Prozent Verschuldung bildeten den unteren, besseren Rand des Mittelfelds. Länder wie Finnland mit 44 Prozent und erst recht Slowenien (35,9), die Slowakei (35,7) und schließlich Luxemburg (14,5 Prozent) bilden die Spitzengruppe im Euro-Raum. Estland, das womöglich schon 2012 Euro-Land wird, freut sich über eine minimale Gesamtverschuldung in Höhe von nur 9,7 Prozent des BIP.

In den kommenden Jahren wird es indes zu massiven Verschiebungen kommen, da auch bisher relativ solide Länder wie beispielsweise Irland oder Spanien in eine furchterregende Neuverschuldung fliehen, um ihre heimische Wirtschaft vor dem totalen Kollaps zu bewahren. Da den Einzelstaaten kaum zugetraut wird, wirklich in eine Politik strikter Sparsamkeit einzuschwenken, will Brüssel den Regierungen nun Zügel anlegen und ihre nationale Etathoheit beschneiden.             H.H.

 

Zeitzeugen

Jean-Claude Juncker – Der Eurogruppen-Vorsitzende unterstützt die Forderung der Europäischen Kommission nach mehr Kontrolle über die nationalen Haushalte. Es gehe der EU nicht darum, die Budgetbefugnisse der national gewählten Politiker zu durchkreuzen, so der luxemburgische Premierminister gegenüber AFP. Die Kommission solle auch keine „Schulleiterin“ für den Haushalt der Länder werden, jedoch müssten diese sich auf genauere Prüfungen einstellen.

 

Josef Pröll – Auch der österreichische Finanzminister will, dass die EU-Mitglieder von Brüssel gesetzlich verpflichtet werden, ihre „Budgetperspektiven früher festzulegen“. Sanktionen hält er für sinnvoll, doch den Ausschluss einzelner Mitglieder aus dem gemeinsamen Währungsraum als Strafe lehnt er ab.

 

Jean-Claude Trichet – Aus Sicht des Präsidenten der Europäischen Zentralbank befindet sich Europa in der „vielleicht schwierigsten Situation seit dem Ersten Weltkrieg“. Der Franzose fordert nun  „einen Quantensprung in der gegenseitigen Überwachung der Wirtschaftspolitik in Europa“. Es brauche „wirksame Sanktionen bei Verstößen gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt“.

 

Günther Oettinger – „Das Königsrecht Haushalt tasten wir nicht an“, versicherte der EU-Energiekommissar. „Hätten wir den Haushalt Griechenlands oder auch anderer zuvor gekannt, ... hätte man mit Sicherheit früher und erfolgreich warnen können und der Regierung entsprechende Hilfe geben können, dass solche Haushalte erst gar nicht in Kraft treten.“ Oettinger betont, dass die EU dann schon früher hätte Daumenschrauben anlegen können.

 

Nicolas Sarkozy – Seit Jahren träumt der französische Präsident von der Errichtung einer europäischen Wirtschaftsregierung. Die Euro-Krise bringt ihn nun näher an sein Ziel, denn auch wenn er nicht genau weiß, wie diese neue EU-Institution aussehen könnte, so hätte sie doch größere Eingriffsbefugnisse als die EU sie bisher hat. Bei nationaler Steuer-, Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik hätte diese Wirtschaftsregierung mitzureden.


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