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22.05.10 / Europa: Sichere Bohrinseln? / Zusätzlicher Schalter hätte Explosion verhindern können

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Europa: Sichere Bohrinseln?
Zusätzlicher Schalter hätte Explosion verhindern können

Bei uns könnte so etwas nicht passieren – diesen Satz bekommen wir immer wieder zu hören, wenn frei nach Faust „hinten, weit, im Golf von Mexiko“ ein schlimmes Unglück sich ereignet. So war es nach Tschernobyl, so ist es jetzt nach dem Untergang der Ölbohrplattform „Deepwater Horizon“.

Aber war die vor vier Wochen nach einer Explosion in den Fluten vor der Südküste der USA versunkene BP-Bohrplattform wirklich weniger sicher als ihre europäischen Schwestern in der Nordsee? Gehen die Amerikaner sorgloser mit Leben und Umwelt um als Engländer und Norweger?

Einig sind sich die Experten von Greenpeace bis zu den Öl-Multis: Absolute Sicherheit kann es nicht geben, ein Restrisiko bleibt immer. Das gilt für die friedliche Nutzung der Kernenergie genauso wie für Förderung, Transport und Verarbeitung von Petroleum. Genauso gilt aber auch: Es muss alles nur Menschenmögliche getan werden, um dieses Restrisiko so gering wie möglich zu halten. Und da scheint es zwischen den USA und Europa, insbesondere Norwegen, doch deutlich unterschiedliche Auffassungen zu geben.

In der Nordsee stehen zur Zeit 450 Bohrinseln für die Gas- und Ölförderung. Täglich werden über vier Millionen Barrel Rohöl aus dem Meeresgrund geholt. Norwegen ist mit 57 Prozent die Nummer 1, gefolgt von Großbritannien (34 Prozent). Dänemark bringt es noch auf acht Prozent der Förderung, Deutschland und die Niederlande müssen sich mit je einem Prozent begnügen.

Die ergiebigsten Lagerstätten finden sich bei Wassertiefen von unter 400 Meter, so dass hier auch fest auf dem Meeresgrund verankerte Plattformen zum Einsatz kommen können. Erst bei größeren Wassertiefen ist der Einsatz schwimmender sogenannter Halbtaucherkonstruktionen zwingend erforderlich.

Um einen solchen Bautyp handelte es sich bei der jetzt verunglückten „Deepwater Horizon“. Sie war für Wassertiefen bis 3000 Meter ausgelegt, galt als modernstes Gerät dieser Art und hatte gerade erst mit einer Bohrung bis in 10685 Meter einen Tiefen-Weltrekord aufgestellt.

Die Explosion der Bohrinsel am 20. April wurde höchstwahrscheinlich ausgelöst durch Gas, das plötzlich unter extrem hohem Druck am 1500 Meter tiefen Bohrloch austrat. Um solches zu verhindern, haben alle Plattformen eine Schutzvorrichtung (Blow­out Preventer). Dieses Ventil, das von der Plattform aus bedient wird, versagte ebenso wie ein zusätzliche automatische Sicherung. Für diesen seltenen Fall haben europäische Plattformen ein weiteres Sicherheitssystem, das notfalls auch von Rettungsbooten aus geschaltet werden kann – auf diesen Schalter aber verzichten die Amerikaner, wie das „Wall Street Journal“ enthüllte.

Da die Sicherheitsverantwortlichen der Bohrinsel sich unter den elf Todesopfern befanden, wird die Ursache des „Deepwater-Horizon“-Unglücks wohl nie restlos aufgeklärt werden können. Es scheint aber berechtigt, ein ähnliches Unglück auf einer europäischen Plattform auszuschließen. Hans-Jürgen Mahlitz


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