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22.05.10 / Ich will unsere D-Mark wiederhaben!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Moment mal!
Ich will unsere D-Mark wiederhaben!
von Klaus Rainer Röhl

Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Novemberabend im Jahre 1996 in der kleinen niederrheinischen Stadt Erkelenz. Wir diskutierten über die Abschaffung der D-Mark und die Einführung des Euro. Abstimmen durften die Deutschen ja nicht über die Abschaffung der in der ganzen Welt angesehenen deutschen Währung, diskutieren schon. Und in meiner Partei, der FDP, waren die Meinungen durchaus geteilt, meine Freunde von der „Liberalen Offensive“ um den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander v. Stahl und ich waren für die Beibehaltung der D-Mark, die Parteispitze, zu der damals auch schon Guido Westerwelle gehörte, war für die Einführung einer europäischen Währung. Sie wollten den Euro, wir nicht. Der Ortsverein der FDP von Erkelenz hatte an diesem Abend auch mich als Vertreter der Nationalliberalen zu einer Diskussion geladen, der Gegenredner war Giorgos Chatzimarkakis, ein Grieche mit deutschem Pass – er hat inzwischen als Europaabgeordneter Karriere gemacht. Der Saal in der kleinen Stadt war gerappelt voll – die Einführung der neuen Währung beschäftigte damals Junge und Alte. Die Diskussion war sehr lebhaft, und es ging hauptsächlich um die Gefahren einer Abwertung unserer Währung und damit einer drohenden Inflation. Am Ende war klar, dass die Mehrheit der Anwesenden für die Beibehaltung der D-Mark und gegen den Euro war. Man wollte lieber die deutsche Einheit feiern und ausgestalten, als eine neue Einheit mit zwei Dutzend anderen europäischen Völkern und Staaten unterschiedlicher Geschichte, Sprache, Kultur und Entwicklung zu suchen, die wirtschaftlich ohnehin unter keinen Hut zu bringen wären. Fast hätte ich eine Abstimmung beantragt, aber dazu kam es nicht mehr. Diskutiert wurde also, aber gefragt wurden die Deutschen nicht – andere europäische Völker auch nicht, manche stimmten mit Nein wie Dänemark und Schweden, Norwegen und England wollten ihre Währung überhaupt nicht abgeben.

So wurde ich, ohne dass eine politische Einheit auch nur in Ansätzen sichtbar geworden wäre, Zwangseuropäer, das Geld 2:1 umgetauscht und in den folgenden Jahren Cent um Cent abgewertet. Vor der Einführung des Euro bekam ich 1850 Rente. Der Euro, sagte man, sollte doppelt so viel wert sein wie die D-Mark. Also betrug meine Rente jetzt 995 Euro. Alles sollte dementsprechend nur noch die Hälfte kosten, und in den ersten Monaten stand auf dem Kassenzettel auch noch der Betrag in der alten Währung (in Frankreich bis heute). Aber bald kam die schleichende Abwertung. Schon der „Spiegel“, der vor der Währung 5 D-Mark gekostet hatte, war nur noch für 3,50 Euro zu haben. Von der Bahnfahrt bis zum Benzin, vom Brötchen bis zum Theaterbesuch kostete sehr bald alles so viel wie früher in D-Mark, nur die Rente stieg nicht. Nun sagt mir die Kanzlerin im Fernsehen und mein kluger Freund Hilmar Kopper („Peanuts“) in seinem „Bild“-Gespräch vom vorigen Freitag, dass der Euro gut gewesen sei für „uns“. Wir profitierten alle davon. Und ich frage nun heute wie damals in Erkelenz, wer ist das: „wir“? Ist das Deutschland? Sind es die Deutschen? Die, die Autos und Kühlschränke in die Euro-Zone exportieren und dicke Gewinne machen – sind das nicht vielmehr VW und BMW und Siemens? Hatten wir vorher keine Exportüberschüsse?

Wie sehen die Deutschen heute, acht Jahre nach der Einführung des Euro, ihre Lage? Wie ich. Laut einer Umfrage im „Stern“ wünschen sich 52 Prozent von ihnen ihre alte Währung wieder zurück.

Statt blühenden Wohlstandes kam dann die Wirtschaftskrise, ausgelöst durch Aktivitäten von US-Banken wie Lehman Brothers, die mit abenteuerlichen Spekulationen Millionen von Menschen ruiniert und dabei unermessliche Gewinne eingefahren haben. Die Kosten mussten am Ende mit Staatsgeldern, das heißt auf Kosten der Steuern zahlenden US-Bürger und leider, wegen der Verflechtung mit deutschen Banken, auch von Deutschland bezahlt werden, mit Milliarden deutscher Euros. Danach kam die sogenannte Griechenland-Krise, ausgelöst durch die jahrelang nicht beachtete schlechte Wirtschaftslage des sonnigen Urlaubslands, aber vor allem durch die gezielte Spekulation einiger US-Großbanken und der von ihnen abhängigen Rating-Agenturen. Die Spekulanten schlossen Wetten auf den griechischen Staatsbankrott ab, die angeblich nur mit einer gewaltigen Kraftanstrengung der übrigen (soweit zahlungsfähigen) Euro-Länder und des IWF mit einem Mammut-Kredit gestoppt werden könnten – entgegen der europäischen Verfassung, die diesen Eingriff verbietet. 110 Milliarden Euro in drei Jahren könnten es locker werden.

Das war vor drei Wochen und ist schon wieder Geschichte. Eine ziemlich miese Geschichte. Weil sich herausstellte, dass die Spieler in den USA – die auf den griechischen Staatsbankrott hohe Wetten abschließenden Spekulanten, keine anonymen Mächte, sondern Menschen mit Namen und Adresse – nun hellhörig wurden und begannen, ihre Spekulationen nicht nur gegen Griechenland und andere wirtschaftlich schwache Länder wie Portugal und Spanien, sondern auch gegen die ganze Euro-Zone zu erweitern. Mit dem Ziel, wie eine Gruppe von fünf Wissenschaftlern letzte Woche in der „FAZ“ in einer Anzeige die deutsche Öffentlichkeit informierte, die ganze Euro-Zone zu entwerten und den entwerteten Rest als Ramsch aufzukaufen. In der Erklärung der Fünf, die schon 1996 als Euro-Gegner von sich reden machten und die nun erneut vergeblich versucht haben, Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen, heißt es: „Was erklärt diesen Ausbruch europapolitischer Hektik und Hysterie vom letzten Wochenende? Hat die Politik den Verstand verloren? Glaubt sie wirklich, mit Inflationsexzessen das Vertrauen der Menschen und Märkte zurück zu gewinnen? Je größer und phantastischer die Dimensionen dieser Hilfsprogramme werden, desto kühler werden die Märkte ihre Inflationsgewinne berechnen: die Spekulation mit dem Werteverfall und dem billigen Nachkauf der sich entwertenden Vermögenstitel.“

Es ist kein Trost, dass es zur Zeit vielen Deutschen so geht wie mir, den sogenannten „Geringverdienenden“, ein neugebildetes Orwell-Wort für Arme: Den Rentnern, den Alten ohne menschenwürdige Alterssicherung und den Jugendlichen ohne sichere Zukunft, den durch den sozialen Rost gefallenen Hartz-IV-Beziehern vom 45. Lebensjahr an, den Intellektuellen ohne Einschaltquote und Marktanteil und den Hochqualifizierten mit zu hoher Qualifizierung – sie alle sind Verlierer des Märkte-Pokers und des Währungs-Roulettes – des spannenden Spiels für ein paar Banker.

Ein Spiel, das die liebenswerte Pfarrers-tochter aus Mecklenburg nicht mehr durchschaut. Jetzt setzt sie mit 750 Milliarden Euro ein? Den Einsatz vervielfachen wie beim Roulette? Aber auch da klappt es nie mit dem „Verdoppelungsspiel“, der großen Illusion aller unglücklichen Spielsüchtigen: Die Bank gewinnt immer, die Goldmans und Lehmans in New York auch. Mit denen spielt man nicht, Angela.

750 Milliarden Euro als Schutzschild für den Euro? Aber was, wenn auch diese gigantische, kaum mehr richtig vorstellbare Summe nicht ausreicht? Hilmar Kopper warnte in der „Bild“:  „Kommissions-Präsident Barroso hat gesagt: ,Wir werden den Euro verteidigen, was immer es kosten mag.‘ Dieser Satz ist hochgefährlich. Der Markt könnte ihn testen wollen.“ Und deshalb will ich, wie 52 Prozent der Deutschen, unsere gute D-Mark wiederhaben.


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