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22.05.10 / »Weltrevolution« in strahlendem Licht / Der amerikanische Elektroingenieur Theodore Maiman zündete den ersten Laser – Den Nobelpreis bekamen später andere

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

»Weltrevolution« in strahlendem Licht
Der amerikanische Elektroingenieur Theodore Maiman zündete den ersten Laser – Den Nobelpreis bekamen später andere

Eine alte Dame, geboren anno 1925 in Königsberg, seit 60 Jahren Leserin dieser Zeitung – vor ein paar Wochen war sie drauf und dran, das rekordverdächtige Abo zu kündigen; ihre Netzhaut hatte sich so weit vom Augenhintergrund abgelöst, dass sie nicht mehr lesen konnte. Doch die alte Dame resignierte nicht, ließ sich per Laser die Netzhaut neu verschweißen. So brauchte sie das PAZ-Abo nicht zu kündigen – warum, kann sie an dieser Stelle nachlesen.

Ein halbes Jahrhundert zuvor, am 16. Mai 1960, wäre der junge amerikanische Elektroingenieur Theodore Maiman nicht im Traum auf die Idee gekommen, dass er gerade dabei war, die medizinische und technische Welt zu revolutionieren. In seinem Labor im kalifornischen Malibu wollte er eine Art Blitzlampe erproben, an deren Funktionsfähigkeit außer ihm selbst niemand glaubte, zumindest nicht seine Chefs von den Hughes Research Laboratories. Überrascht stellte er fest, dass ein geschliffener Rubinstab, den er mit einer Spirale umfasst hatte, rote Lichtpulse mit sensationell engem Spektrum ausstrahlte. Maiman hatte soeben den ersten Laser gezündet.

Das Kunstwort steht für „Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“ (Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung). Es ist angelehnt an den seit 1951 bekannten „Maser“, bei dem allerdings nicht mit Licht, sondern mit Mikrowellen hantiert wurde. Den physikalischen Effekt hatte bereits Albert Einstein 1916 vorhergesagt.

Wofür man den neuartigen, extrem scharf gebündelten Lichtstrahl nutzen könnte, war auch seinem Erfinder zunächst nicht klar. Vergeblich versuchte Maiman, einen Text über den Laser in der Fachzeitschrift „Physical Review“ zu publizieren, was ihm später bei der Konkurrenz „Nature“ gelang.

Vier Jahre später hatte der Laser sich bereits im praktischen Leben etabliert, zunächst in der Messtechnik und bei der Materialbearbeitung, bald auch in der Medizin als künstliches Skalpell.

Doch Undank ist der Welten Lohn: Der Physik-Nobelpreis 1964 ging nicht an Theodore Maiman, sondern an Charles Townes (USA) sowie die beiden Russen Nikolai Bassow und Alexander Prochorow, die zwar auf dem Gebiet der Quantenelektrik bahnbrechende theoretische Vorarbeiten geleistet, aber nie ein erfolgreiches Maser- oder Laserexperiment zustande gebracht hatten.

Den Siegeszug des Laser konnte diese Ungerechtigkeit nicht aufhalten. Heute gibt es kaum noch einen Lebensbereich, der nicht von den scharf gebündelten Lichtstrahlen ausgeleuchtet würde. An der Ladenkasse – von Tante Emma bis Supermarkt – scannt Laserlicht den Barcode und sagt uns, was wir zahlen müssen. Musik, Filme und Daten liest Laserlicht von den CD und DVD. Das alles beherrschende Internet, das wie keine andere Technologie Fluch und Segen in sich vereint, kann nur funktionieren, weil über lasergestützte Glasfasernetze riesige Datenmengen weltweit transportiert werden.

In zahlreichen Produktionsbereichen, zum Beispiel in der Automobilindustrie, werden Bauteile mit Laserstrahlen verschweißt – weitaus präziser als auf herkömmliche Weise. In diesem Bereich hat Deutschland sich inzwischen eine weltweit führende Position erarbeitet. So ist der anhaltende Erfolg unseres Exports auch dem Laser zu danken.

Für den einzelnen Menschen spürbar sind aber vor allem die Anwendungsmöglichkeiten in der Medizin. In der Gefäßchirurgie wird der Laser sowohl zur Diagnose als auch zur Heilung eingesetzt. Mit ihm kann man Krampfadern so schonend und zugleich erfolgreich behandeln, dass immer mehr Ärzte auf das konventionelle „Strippen“ der Venen verzichten.

Dermatologen schätzen die sanfte Wirkweise des Laser-Skalpells ebenso wie Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Zahnmediziner, Urologen, Augenärzte oder Krebstherapeuten.

Aus unseren Krankenhäusern und Arztpraxen ist der Laser nicht mehr wegzudenken. Allein in Deutschland lassen sich pro Jahr über 100000 Menschen mit dem Laserskalpell die Augen operieren.

Auch bei dem großen Zukunftsthema Energie könnte der Laser eine entscheidende Rolle spielen. Das Fernziel, nach dem Vorbild unserer Sonne Energie aus der Verschmelzung von Wasserstoff-Atomkernen zu gewinnen, wäre schneller zu erreichen, wenn es endlich gelänge, das Plasma, also den „Brennstoff“ des Fusionsreaktors, mit Laserlicht aufzuheizen und zu zünden.

Der Professor Herbert Welling, der deutsche „Laser-Papst“, ist überzeugt: 50 Jahre nach der Zündung des ersten Laser habe die Zukunft gerade erst begonnen; vom Laser sei „noch Außergewöhnliches zu erwarten“. Beispielsweise helfen die Strahlenbündel des Laser, die Physik des Lichts endlich wirklich zu verstehen.

Gerade in der Grundlagenforschung hat der Laser bislang eher angedeutet, welche Möglichkeiten in ihm stecken. Hier ist, ähnlich wie in der Medizin, mit sensationellen Fortschritten zu rechnen. So gehen Forscher der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig gerade daran, mit einem aufwendigen Lasergerät exakt zu zählen, wie viele Atome eine Kugel aus reinem Silizium enthält. Damit könnte das Kilogramm als weltweit gültige Maßeinheit neu definiert werden. Andere Wissenschaftler arbeiten an lasergestützten Quantencomputern, die auch die größten unserer heutigen Großrechner alt und klein aussehen lassen.

Ob Medizin oder Messtechnik, ob Schweißen oder Datentransport – das technologische „Geburtstagskind“ zählt schon heute zu den bedeutendsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts.    

Hans-Jürgen Mahlitz


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