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22.05.10 / Vor laufender Kamera / Tschechisches Fernsehen zeigt Vertreibungsverbrechen von 1945

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Vor laufender Kamera
Tschechisches Fernsehen zeigt Vertreibungsverbrechen von 1945

Die erste Maiwoche steht in der Tschechischen Republik alljährlich im Zeichen von Feiern zum Ende des Zweiten Weltkrieges und zum sogenannten Prager Aufstand, der aber erst am 4. Mai 1945, Tage nach Hitlers Selbstmord, ausgebrochen ist. Doch in diesem Jahr wurde am 6. Mai im Tschechischen Fernsehen zur besten Sendezeit eine außergewöhnliche Dokumentation gezeigt. „Töten auf tschechische Art“ heißt der Film des Regisseurs David Vondrácek.

Zu den bedrückenden Stellen der Dokumentation gehört die Massenerschießung, die Jirí Chmelícek vermutlich am 9. oder 10. Mai 1945 in der Prager Siedlung Borislavka gefilmt hat: Zu sehen ist eine Reihe von über 40 Männern in Zivilkleidung. Die meisten sollen Deutsche gewesen sein. Sie stehen am Straßenrand mit dem Rücken zur Kamera und fallen – wie zufällig ausgewählt – von Kugeln getroffen in den Graben. Anschließend zermalmt ein Lkw der Roten Armee die Körper. Chmelícek und schließlich seine Tochter Helena Dvorácková versteckten sie in den Jahren der kommunistischen Diktatur sorgfältig. „Es gibt sonst eigentlich keine Aufnahmen, die das Töten von Zivilisten zeigen“, kommentiert David Vondrácek, der Regisseur der Dokumentation „Töten auf tschechische Art“, das einzigartige Dokument. Gerade an diesem Titel entzündete sich noch vor der Ausstrahlung eine hitzige Debatte. Vondrácek: „Nach Ansicht von Historikern schießen hier tschechische Revolutionsgarden und selbsternannte Hurra-Partisanen. Und dann überrollt ein sowjetischer Soldat – wahrscheinlich in sadistischer Lust – mit einem Lkw die zum Teil noch lebenden Menschen.“

Der Film „Töten auf tschechische Art“ – und das rechtfertigt nach Vondráceks Ansicht den Titel, dokumentiert auch andere Massentötungen, an denen Tschechen nach Kriegsende beteiligt waren. Eines der bekanntesten Beispiele ist der Massenmord im nordböhmischen Postelberg. Über 760 deutsche Männer wurden hier Anfang Juni erschossen. „Die Toten von Postelberg sind Teil des größten Massenmordes zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und den Ereignissen in Srebrenica 1995“, erläutert Vondracek. Allerdings stehe in der Tschechischen Republik „die Selbstreflexion über diese Ereignisse erst an ihrem Anfang.“         K.B.


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