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29.05.10 / Risse bei der IG Metall / Abweichler kandidieren bei Konkurrenzliste – Ausschlussverfahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Risse bei der IG Metall
Abweichler kandidieren bei Konkurrenzliste – Ausschlussverfahren

Die Betriebsratswahlen bei Daimler in Berlin, Kassel und Sindelfingen haben einer „linken“ Oppositionsliste zur IG Metall beachtliche Erfolge eingebracht. Im Berliner Betriebsrat sitzen nun neben den 15 IG Metallern fünf oppositionelle Gewerkschafter. Kennzeichnend für die neue Gruppe ist die Ablehnung von Lohnzurückhaltung und Arbeitsplatzabbau, mit der schon die Ärztevereinigung Marburger Bund oder die Lokomotivführergewerkschaft erfolgreich waren. Triebfeder für die Abspaltung war die Unzufriedenheit mit den großen DGB-Gewerkschaften allgemein. Sie stellten das eigene Wohl vor das der Belegschaften, so der Vorwurf.

Nun will die Gewerkschaft zurückschlagen und die Dissidenten hinauswerfen. Der Berliner Vorstand der IG Metall hat das Ausschlussverfahren gegen die Abweichler im Daimler-Werk Berlin-Marienfelde formell eingeleitet. Den Betroffenen wird vorgeworfen, auf einer „gegnerischen Liste“ zur Betriebsratswahl kandidiert und sich damit „gewerkschaftsschädigend“ verhalten zu haben. Die Frage nach dem gewerkschaftsschädigenden Verhalten lässt sich aber nach der Rechtsprechung so eindeutig nicht beantworten. Nur wer auf der Liste einer konkurrierenden Gewerkschaft kandidierte, verhalte sich tatsächlich „gewerkschaftsschädigend“, hieß es bis 1999. Seither ist die Rechtsprechung differenzierter. Im Berliner Daimlerwerk werden nun Unterschriften von IG-Metall-Mitgliedern gesammelt, um den Ausschluss der Abweichler zu verhindern.

Nicht nur bei Daimler zeigen sich Risse in der IG Metall. Bei MAN und Opel gibt es ebenfalls Ärger, und der Gewerkschaftsvorstand versucht dort ebenso Mitglieder auszuschließen. Derartige Ausschlussverfahren sind durch eine Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts erleichtert worden. Dieser hob 1999 einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 1994 auf. Darin war die alleinige Kandidatur auf einer Freien Liste nicht als „gewerkschaftsschädigend“ angesehen worden.

Dies schränkte das Bundesverfassungsgericht 1999 ein: „Sie haben sich mit ihrem Beitritt zur Gewerkschaft freiwillig deren Satzungsautonomie unterworfen.“ Darin wird die Kandidatur auf einer abgespaltenen Liste verboten, auch wenn es sich nicht um eine konkurrierende Gewerkschaft handelt. So könnte es gut sein, dass die IG Metall bald einige Mitglieder weniger hat.             H. Lody


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