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29.05.10 / Blick zurück und nach vorn / Ausstellung zum 450-jährigen Bestehen der Dresdner Kunstsammlungen zeigt Spitzenwerke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Blick zurück und nach vorn
Ausstellung zum 450-jährigen Bestehen der Dresdner Kunstsammlungen zeigt Spitzenwerke

Zur Feier ihres 450-jährigen Bestehens zeigen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die zu den ältesten Museen Deutschlands gehören, bis zum 7. November die Jubiläumsausstellung „Zukunft seit 1560 – die Ausstellung“ im Dresdner Residenzschloss.

Fünf Themenbereiche der Jubiläumsschau zeigen sowohl Spitzenwerke als auch unbekanntere Objekte aus den eigenen Sammlungen, die durch nationale und internationale Leihgaben bereichert werden.

Am Anfang stand die Kunstkammer, die im Jahr 1560 durch Kurfürst August (1526-1586) gegründet wurde. Eine imposante und erfolgreiche Sammlungsgeschichte begann, gingen doch aus ihr nahezu alle elf Museen der Staatlichen Kunstsammlungen hervor. Unter der Überschrift „Schöpfung“ wird diese frühe Sammlung dem Besucher anschaulich vor Augen geführt.

Bedenkt man, was hier alles zusammengetragen wurde, erstaunt es nicht, dass sie auch den Namen „Wunderkammer“ trug: Von Bildern über Bücher, Medaillen, Knochen bis hin zu wissenschaftlichen Instrumenten und Werkzeugen reichte die Spannweite. So ist eine über vier Meter lange Drahtziehbank zu sehen, die 1565 in Nürnberg gefertigt wurde und zum frühesten Inventar der Kunstkammer unter Kurfürst August gehörte. Das erstaunliche Instrument, an welchem der Kurfürst selbst Silberdraht gezogen haben soll, steht für die Beförderung und Weiterverarbeitung der heimischen Erze.  Das weltweit einzigartige Objekt wurde von dem Musée de la Renaissance (Écouen, Frankreich) als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Unter August dem Starken (1670–1733) wurden die Sammlungen nach wissenschaftlichen Kriterien geordnet und stark erweitert, so dass sich allmählich Einzelsammlungen herausbildeten. Der Themenschwerpunkt „Wissbegierde“ zeigt, dass Wissenschaft und Technologie bereits im au-gusteischen Zeitalter einen wichtigen Raum einnahmen.

Die Abteilung „Verlangen“ trägt ihren Titel zu Recht, denn hier offenbart sich die Leidenschaft Augusts des Starken für das Schöne. Was er begehrte, ließ er anfertigen oder erwerben, ohne nach den Kosten zu fragen. Er zog bedeutende Künstler an den Dresdner Hof, die höchstem künstlerischen Anspruch genügten. Zu ihnen zählten der Architekt Matthäus Daniel Pöppelmann, der Orgelbauer Gottfried Silbermann und der Goldschmied Johann Melchior Dinglinger. Von Letztgenanntem ist ein bezaubernder, mit 390 Edelsteinen besetzter Blumenkorb zu sehen, dem man seine bewegte Vergangenheit nicht ansieht: Er wurde 1945 im Moritzburger Wald vergraben und erst 1996 von einem Hobbyschatzsucher wiederent-deckt. Dank der sorgfältigen Restaurierung erstrahlt das Schmuckstück in ursprünglicher Schönheit. Der Sohn Augusts des Starken, August III. (1696–1763), prägte die Sammlungen durch seine Liebe zu den Bildkünsten. Ihm gelangen kostbare Ankäufe aus ganz Europa, die heute zum Bestand der Gemäldegalerie Alte Meister zählen. Dresdens Ruhm breitete sich aus. Das sächsische „Elbflorenz“ wurde ein Anziehungspunkt für Künstler und Schriftsteller. Die hochaktuelle Frage, was in einem Museum gesammelt werden soll und darf, wird in dem Kapitel „Konfrontationen“ angesprochen. Über dem Alten auch das Neue nicht zu vergessen ist eine Kunst, welche Hans Posse, Direktor der Gemäldegalerie (1910–1942), beherrschte: Unter seiner Ägide erhielt die Gegenwartskunst in Dresden einen ganz neuen Stellenwert. Ihm sind viele bedeutende Ankäufe herausragender Werke zu verdanken, zu ihnen zählte auch das damalige Skandalbild „Bathseba“ von Lovis Corinth.

Umbrüche und Schicksalsschläge der Kunstsammlungen bleiben nicht unerwähnt. Den tiefsten Einschnitt markierte zweifelsohne der Zweite Weltkrieg mit der Zerstörung Dresdens. Dieser Akt der Barbarei hätte auch das Ende der Museen bedeuten können, zumal ein Großteil der Kunst ausgelagert, verbrannt oder verschleppt wurde. Dank der Rückführung von Kunstschätzen aus der Sowjetunion im Jahr 1955 wurden Zwinger und Schloss wieder aufgebaut.

Mit dem Neuanfang gab es auch wieder eine Zukunft. Am Ende der Präsentation wird unter dem Schlagwort „Ausstrahlung“ der Ausblick gewagt: Jeff Walls Bild „Der Denker“ (1986) symbolisiert den sinnenden, nachdenkenden Blick, der in die Zukunft gerichtet ist. Welche Wege gilt es einzuschlagen, um zukunftsfähig zu bleiben? Die bedeutende Vergangenheit wird als Verpflichtung für die Zukunft verstanden, weshalb es dem Generaldirektor Martin Roth wichtig ist, im Rahmen des Jubiläums den Blick „gleichermaßen zurück wie nach vorn“ zu richten. Mit Hilfe modernster Medien und zunehmender internationaler Zusammenarbeit werben die Kunstsammlungen für ihre Museen. Das Phänomen der Öffentlichkeit zeichnet sie aus, denn sie waren von Anbeginn  unter bestimmten Bedingungen für Besucher zugänglich.

Im Juni liegt ein besonderes Ereignis für die Dresdner, aber auch die deutsche Museumslandschaft: die Wiedereröffnung des Albertinums, welches Werke von der Romantik bis zur Gegenwart zeigt.             CvK

Öffnungszeiten der Dresdner Kunstsammlungen: täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr. Eintritt: Residenzschloss, Sophienstraße oder Schloßstraße: 10 / 7,50 Euro (gilt für das gesamte Residenzschloss, ausgenommen Historisches Grünes Gewölbe).


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