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29.05.10 / Malen als Abenteuer / Neo Rauchs surreale Bilderwelten verunsichern die Kritiker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Malen als Abenteuer
Neo Rauchs surreale Bilderwelten verunsichern die Kritiker

Zur Kunst gehört der Kunstkritiker wie zur Literatur der Rezensent, der im Zweifelsfall glaubt, er sei der bessere Schriftsteller. 95 Prozent der Kunstkritiker sind unsicher, wie mit dem Œuvre von Neo Rauch, einem der bedeutendsten deutschen Maler der Gegenwart, umzugehen ist. Die Interpretationen reichen von Ernst-Jünger- und Heidi- Klum-Vergleichen bis hin zu Meinungen, die bei dem Vertreter der „Neuen Leipziger Schule“ sozialistischen Realismus gefunden haben wollen. Doch diese Ergüsse des Feuilletons sind die krampfhafte Suche nach einem Aufhänger, der jedoch immer am Werk von Rauch vorbeischliddert, da dieser keine Geschichten erzählt, sondern schlichtweg malt. Die Aura seiner Bilder kann man gegenwärtig in Leipzig und der Pinakothek der Moderne in München erleben. Dort sind anlässlich des 50. Geburtstags des Künstlers jeweils 60 zum überwiegenden Teil großformatige Arbeiten aus privaten und öffentlichen Sammlungen zu sehen, die ab 1993 entstanden sind. Auffällig sind insbesondere die vielen jungen Leute, die in die Museen kommen. Rauch ist populär und das liegt daran, dass er zugleich gegen den Trend und mit ihm arbeitet. Er lässt verstaubte Figuren wie zum Beispiel alte Arbeiter und Bauern mit Spitzhacke auftreten, die eine Zeit repräsentieren, die längst versunken ist. Doch er zieht sie aus der Vergangenheit heraus, indem er den historischen Staub mit den Stilmitteln der Pop Art wegwischt.

Sein malerisches Schaffen beschreibt Rauch als ein Abenteuer: „Ich arbeite nicht nach Entwürfen oder sonstigen Vorlagen, sondern meditiere vor der weißen Leinwand und fange dann an.“ Dabei entstehen surrealistische Bilderwelten, in denen Gegenständliches und Abstraktes ihren Platz finden. Seine Figuren und Landschaften stattet er mit unaussprechlichen Energien und Gefühlen aus, die nur als visuelle Kräfte beim Betrachter ankommen. Wer aufgrund der Figurenanordnungen Geschichten aus den Bildern herauslesen will, der scheitert, denn Neo Rauch geht es um eine intuitive Erahnung der komplexen Stimmungslage der Gegenwart. Er hat keine Botschaft, aber die seltene Gabe, mit der Malerei viele Menschen in seinen Bann zu ziehen.  Felix Menzel

Die Doppelausstellung „Neo Rauch – Begleiter“ ist bis zum 15. August im Museum der bildenden Künste Leipzig und der Pinakothek der Moderne in München zu sehen.


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