28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.05.10 / Geehrt, verfemt und isoliert / Am 30. Mai jährt sich Boris Pasternaks Todestag zum 50. Mal

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Geehrt, verfemt und isoliert
Am 30. Mai jährt sich Boris Pasternaks Todestag zum 50. Mal

Ich erwarte von Ihnen keine Gerechtigkeit. Sie können mich erschießen, verbannen, alles tun, was Sie wollen, und ich verzeihe Ihnen im Voraus. Doch übereilen Sie nichts … Und denken Sie daran, dass Sie mich nach einigen Jahren rehabilitieren müssen …“ Mit diesen Worten reagierte Boris Pasternak 1958 auf seinen Ausschluss aus dem Schriftstellerverband. Obwohl er sich dem politischen Druck der Partei gebeugt und den ihm verliehenen Nobelpreis für Literatur abgelehnt hatte, blieb es bei dem Ausschluss. Pasternak war bis zu seinem Tod, der sich am 30. Mai zum 50. Mal jährt, verfemt und isoliert.

Das Nobelpreiskomitee hatte den Dichter für seinen einzigen vollendeten Roman „Doktor Schiwago“ ausgezeichnet. Der Roman schildert das Leben des Arztes und Dichters Jurij Andrejewitsch Schiwago von 1904 bis zu seinem Tod im Jahre 1929 und seine Liebe zu Larissa Antipowa, genannt Lara. Es ist die Begegnung zweier Liebender, die gleichsam von der Vorsehung herbeigeführt wurde. Gegen die Kraft ihrer Liebe haben beider Ehen keinen Bestand. Doch der Roman geht über eine Liebesgeschichte – eine der schönsten der Weltliteratur – hinaus. Die historischen Ereignisse wirken in die geschilderten Einzelschicksale hinein, sie schufen die Bedingungen, innerhalb derer sich die Helden zurechtfinden mussten. Dennoch wurden die historischen und politischen Ereignisse nie zum eigentlichen Gegenstand des Romans. Pasternak zeichnet ein breites Gesellschaftsbild und bietet Einblicke in die Gefühlswelt der geschilderten Zeit, in der ein Intellektueller mit seinen geistigen und religiösen Überzeugungen in Konflikt mit der revolutionären Bewegung und der sozialistischen Realität gerät.

Boris Pasternak wurde am 29. Januar 1890 als Sohn einer angesehenen jüdischen Familie in Moskau geboren. Sein Vater Leonid war ein bekannter Maler und Illustrator Tolstojs, seine Mutter die Pianistin Rosa Kaufmann. Er wuchs in einem intellektuellen und künstlerischen Milieu auf. Neben Dichtern wie Rilke zählten auch Musiker zu den Gästen des Hauses. Der Komponist Alexander Skrjabin beeindruckte den jungen Pasternak so sehr, dass er beschloss, Musik zu studieren. Doch nach dem Abschluss des deutschen Gymnasiums 1908 studierte er Philosophie. Nach einem Auslandssemester 1912 an der Philipps-Universität in Marburg und Reisen in die Schweiz und nach Italien beschloss er Dichter zu werden. Waren die ersten Gedichte noch vom Symbolismus und Futurismus geprägt, bekamen sie bald einen philosophischen Ansatz. Pasternak war ein begnadeter Übersetzer. Da seine Gedichte sich nicht verkauften, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit der Übertragung literarischer Werke ins Russische. Er übersetzte aus acht Sprachen. Zu seinen großen Verdiensten gehört die Übersetzung Shakespeares. Pasternaks besondere Verbindung zur deutschen Literatur fand in einer wundervoll poetischen Übertragung von Goethes „Faust“ Ausdruck.

Pasternak wurde 1989 rehabilitiert. Sein Sohn nahm posthum den von Pasternak abgelehnten Nobelpreis für seinen Vater entgegen.         Manuela Rosenthal-Kappi


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren