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29.05.10 / Deutschlands goldgelbe Ölfelder / Rapsöl erobert auch die anspruchsvolle Küche – Zwei große Durchbrüche bei Züchtung und Veredelung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Deutschlands goldgelbe Ölfelder
Rapsöl erobert auch die anspruchsvolle Küche – Zwei große Durchbrüche bei Züchtung und Veredelung

Es grünt nicht nur so grün, wenn Deutschlands Blüten blühen, sondern es leuchtet auch sonnengelb. Die Rapsfelder blühen in einer Fülle wie nie zuvor: Auf 1,5 Millionen Hektar ist in der Bundesrepublik der Rapsanbau gestiegen.

Gemessen an der Gesamtackerfläche ist der Raps damit die wichtigste Öl liefernde Pflanze und zugleich eine der bedeutendsten Kulturpflanzen für die deutsche Landwirtschaft. Aber auch für den Verbraucher gewinnt das aus Rapssaat gewonnene Speiseöl immer mehr an Bedeutung. Es ist vielseitig verwendbar und auch wichtig für eine ausgewogene Ernährung. Durch den hohen Gehalt an wertvollen Omega-3-Fettsäuren gilt es als eines der gesündesten Speiseöle überhaupt. Hinter Oliven- und Sonnenblumenöl hat es in letzter Zeit die deutschen Küchen erobert. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat das Rapsöl auf Platz 1 der empfehlenswerten Speiseöle gesetzt.

Dabei konnte die einstige Futterpflanze noch vor einem halben Jahrhundert wegen ihres hohen Gehaltes an einer einfach ungesättigten Fettsäure, der Erucasäure, für die menschliche Ernährung nicht genutzt werden.

Doch 1974 gelang deutschen Züchtern ein überragender Durchbruch in der Rapszüchtung:  die erste erucasäurefreie Rapssorte mit einem für die menschliche Ernährung geradezu idealen Fettsäuremuster. Elf Jahre später gelang es ihnen, die bei der Pressung zurückbleibenden Rückstände, die ein hochwertiges Eiweiß enthalten, zu „entbittern“ und damit ein hochwertiges Tierfutter vor allem für Rinder herzustellen. Seitdem kann die Rapssaat zu 100 Prozent genutzt werden, was den Rapsanbau für die Landwirtschaft sehr attraktiv gemacht hat. Man sieht es an der von Jahr zu Jahr wachsenden sonnengelben Musterung unserer maigrünen Landschaft.

Für den Verbraucher ist allerdings die Sache so einfach nicht. Rapsöl ist nicht gleich Rapsöl – es gibt da ganz unterschiedliche Qualitäten, vom Ein-Liter-Kanister bis zum Gourmet-Produkt. Die Begriffe auf den Flaschenetiketten sind so vielfältig wie verwirrend. Grundsätzlich gelten drei Qualitätskategorien: native, nicht-raffinierte und raffinierte Öle. Der Unterschied liegt im Herstellungsprozess.

„Native“ Rapsöle werden durch Pressen ohne Wärmezufuhr gewonnen, anschließend werden sie lediglich gefiltert. Sie sind somit naturbelassen und zeichnen sich durch einen deutlichen Saatgeschmack und eine sehr intensive gelbe Farbe aus.

„Nicht-raffinierte“ Rapsöle dürfen nach der Pressung schonend mit Wasserdampf nachbehandelt werden, das verlängert die Haltbarkeit und der Geschmack wird etwas neutralisiert. Außerdem darf die Rohware auf 40 bis 50 Grad erwärmt werden, auch während der Pressung ist eine moderate Wärmezufuhr erlaubt.

Bei „raffinierten“ Rapsölen gibt es keine Vorgaben zur Saat und Pressung. Durch die Heißpressung auf über 100 Grad und andere Vorgänge wird die Ölausbeute erhöht. Die dadurch entstandenen verunreinigenden Fettbegleitstoffe werden durch Raffination aus dem Öl entfernt, dabei gehen aber wertvolle Pflanzenstoffe, geschmackliche Eigenarten und die Farbe des Öls verloren. Das geschmacksneutrale hellfarbene Öl kann universell eingesetzt werden.

Als „kaltgepresst“ wird ein Öl der beiden erstgenannten Kategorien bezeichnet, wenn die Rohware besonders sorgfältig ausgewählt und das Öl ohne zusätzliche Wärmezufuhr gewonnen wurde. Allerdings können durch Druck und Reibung Temperaturen bis zu 70 Grad Celsius und damit verunreinigende Fettbegleitstoffe entstehen.

Eine echte Kaltpressung bringt ein Rapsöl hervor, das für den Verbraucher neue und damit sehr vielseitige Verwendungsmöglichkeiten erschließt. Es wurde in einem deutschen Unternehmen, der Teutoburger Ölmühle in Ibbenbüren, entwickelt und zeichnet sich durch einen besonders milden, nussigen Geschmack aus. In einem europaweit patentierten und damit einzigartigen Herstellungsverfahren wird die schwarze Rapssaat vor der Pressung geschält, allein die gelben Rapskerne werden in gekühlten Schneckenpressen bei Temperaturen unter 40 Grad kalt gepresst. Bitterstoffe und andere unerwünschte Inhaltsstoffe aus der Schale gelangen so gar nicht erst in das Öl, es gibt keine chemie- und energieintensive Nachbehandlung, somit bleiben auch Vitamine und andere wertvolle Inhaltsstoffe erhalten. Schon optisch ist es durch seine goldgelbe Farbe ein Genuss, erst recht der kulinarische. Raps-Kernöl ist für alle Zwecke verwendbar – für Salate, Dips und Marinaden wie zum Kochen, Braten, Backen und Frittieren. Damit wird der alte – und früher durchaus berechtigte – Vorbehalt widerlegt, dass Rapsöl nicht zur Zubereitung von Speisen geeignet sei, die eine hohe Temperatur verlangen. In der Produktpalette der Teutoburger Mühle findet man auch ein spezielles Bratöl aus einer neu gezüchteten Rapssorte, die besonders viel hitzebeständige Ölsäure enthält und somit für lange Brat- und Frittierzeiten bei hohen Temperaturen geeignet ist. Grundsätzlich sollte man aber die Herdplatte ohnehin nicht zum Anschlag aufdrehen, das gilt für alle Speiseöle ob Raps, Olive oder Sonnenblume.  In zwei Monaten werden die Landwirte über fünf Millionen Tonnen Rapssaat ernten, aus denen 2,2 Millionen Rapsöl gewonnen werden. Auch das ist ein erfreuliches Fazit dieser kleinen „Rapsodie“. Günther Falbe/VR


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