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05.06.10 / Die Zwickmühle / Volksparteien verlieren Profil durch »Fischen«  in der Mitte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-10 vom 05. Juni 2010

Die Zwickmühle
Volksparteien verlieren Profil durch »Fischen«  in der Mitte

Nach der Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen beginnt für alle Anhänger des Mitte-Kurses von CDU-Chefin Angela Merkel das Nachdenken. Schon bei der Bundestagswahl konnte die angestrebte 40-Prozent-Marke nicht erreicht werden. Nun führte der linksliberale Kurs des Merkel-Anhängers und selbsternannten „Arbeiterführers“ Jürgen Rüttgers zu Verlusten an andere Parteien und Nichtwähler.

Die beiden großen Volksparteien stehen hier vor einem besonderen Dilemma, schrieb Renate Köcher, Leiterin des Allensbacher Institutes, in einer Analyse für die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schon im Februar. Zu diesem Zeitpunkt war sich Rüttgers noch seiner Wiederwahl gewiss. Umfragen prophezeiten ihm über 40 Prozent, der Absturz auf 35 Prozent war kaum absehbar. Die Misere der Volksparteien, so Köcher, besteht in dem Problem der „Mitte“. Hier tummeln sich die Volksparteien in einer Reihe von Themenfeldern gemeinsam. Dazu zählen die Förderung des Wirtschaftswachstums und die Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Auch die soziale Sicherung ist ein Kernanliegen einer großen Mehrheit der Bevölkerung. Die oft beklagte „Unschärfe“ der volksparteilichen Programme liegt also daran, dass eine große  Mehrheit der Deutschen eine pragmatische Politik will, so die Allensbach-Chefin.

Und hier tut sich eine gewisse Zwickmühle auf. Je mehr sich die Parteien einander angleichen, desto unattraktiver werden sie für ihre Kernklientel. Die Sozialdemokraten sind auf diese Weise schon bei 25 Prozent und weniger angekommen. Die CDU ist vielleicht auf dem Weg dorthin. Konservative Wähler, so die Allensbacher Studie, haben an eine Partei klare Erwartungen: Recht und Ordnung, Disziplin und solide Finanzen sowie Kinderbetreuung durch die Mutter in den ersten Lebensjahren stehen bei über 70 Prozent der Konservativen weit oben auf der Rangliste. Bei christlich orientierten Wählern stehen die „Stärkung der Familie“ und das „Eintreten für sozial Schwache“ sogar ganz an der Spitze.

Dabei fanden die Allensbacher heraus, dass 55 Prozent der Bevölkerung auf den Begriff „konservativ“ spontan mit Antipathie reagiert, während 56 Prozent den Begriff „christlich“ sympathisch fanden. Das Christliche ist nach wie vor mehr in der CDU als in der SPD verortet. 61 Prozent der CDU/CSU-Anhänger bezeichneten sich als „religiös“. Mitte der 80er Jahre lag dieser Wert noch bei 73 Prozent. Besonders die Wiedervereinigung hat zu einem deutlichen Abschmelzen religiöser Wertevorstellungen geführt.

Man kann bekanntlich auf zwei Seiten vom Pferd fallen. Für christdemokratische Wähler führt es zu Enttäuschung und Wahlenthaltung, wenn ihre Partei inhaltlich ausgerechnet auf der „rechten Seite“ vom Pferd fällt. Hier sind die Führungspersönlichkeiten gefragt, allen voran der oder die Parteivorsitzende selbst. Je weniger Angela Merkel diesen Balance-Akt beherrscht, desto mehr christdemokratische Wähler wird die CDU verlieren. HEB


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