29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
05.06.10 / Als Kritiker setzte er neue Maßstäbe / Der vor 200 Jahren geborene Komponist Robert Schumann hinterließ ein facettenreiches Werk

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-10 vom 05. Juni 2010

Als Kritiker setzte er neue Maßstäbe
Der vor 200 Jahren geborene Komponist Robert Schumann hinterließ ein facettenreiches Werk

Das facettenreiche Werk von Robert Schumann und sein durch genialen Schaffensdrang geprägter Lebensweg faszinieren bis heute die Menschen in aller Welt. Er schuf Sinfonien, Orchester- und Chorwerke, Kammermusik und Lieder, eine Oper („Genoveva“) und Klaviermusik, darunter die „Kreisleriana“ (op. 16), ein 1838 komponierter Klavierzyklus, der als ein Schlüsselwerk der romantischen Klavierliteratur gilt. Den Namen „Kreisleriana“ wählte Schumann in Anlehnung an die von  E. T. A. Hoffmann, den er sehr verehrte, kreierte Figur des Kapellmeisters Kreisler. Schumann sah hierin den Inbegriff romantischen Künstlertums.

Geboren wurde Robert Schumann vor 200 Jahren, am 8. Juni 1810, als fünftes Kind wohlhabender Eltern in Zwickau. Bereits mit sieben Jahren erhielt er Klavierunterricht, wirkte später bei schulischen und öffentlichen Aufführungen mit, veranstaltete „Musikalische Abend-Unterhaltungen“ im Hause der Eltern und begann, noch ehe er reguläre Unterweisung erhalten hatte, mit dem Komponieren. Das Lyzeum absolvierte Schumann im Frühjahr 1828 mit dem zweithöchsten Prädikat „omnino dignus“. Er fügte sich dem Wunsch seiner Mutter, Jura zu studieren; noch im Jahr der Schulentlassung schrieb er sich an der Universität Leipzig ein.

Dort begegnete Schumann dem Menschen, der sein Leben verändern sollte: Friedrich Wieck, der sich als außergewöhnlicher Klavierpädagoge einen Ruf erworben hatte. Schumann beschloss, bei Wieck Unterricht zu nehmen, doch es fehlte ihm an entscheidenden Grundlagen sowohl beim Pianistenhandwerk als auch in der Kompositionstechnik. Die Enttäuschung war groß, Schumann ließ sich immer häufiger bei Wieck entschuldigen und ging schließlich gar nicht mehr in den Unterricht.

Weil er dem „fatalen Schlendrian“ in Sachen Berufsausbildung ein Ende bereiten wollte, ging Schumann nach Heidelberg, wo er Jura zwei Semester studierte. Von dort aus schrieb er am 30. Juli 1830 seiner Mutter, dass er doch beabsichtige, Musiker zu werden. Innerhalb von sechs Jahren wollte er „mit jedem anderen Klavierspieler wetteifern“. Auf seinen Wunsch hin wandte sich die Mutter an

Friedrich Wieck mit der Bitte, ihn wieder als Schüler anzunehmen. Schon nach zwei Tagen erhielt sie Antwort. Wieck versprach, Schumann innerhalb von drei Jahren zu einem der größten Klavierspieler zu bilden, der geistreicher sei als Ignaz Moscheles und großartiger als Johann Nepomuk Hummel. Schumann, voller guter Vorsätze für die Zukunft, ging somit zurück nach Leipzig und bezog dort zunächst ein Zimmer im Hause der Familie Wieck.

Die Pianistenlaufbahn nahm jedoch ein jähes Ende: Nach einer Sehnenscheidenentzündung war der Ringfinger so in Mitleidenschaft gezogen, dass er sich für das professionelle Klavierspiel als unbrauchbar erwies. Schumann konzentrierte sich nunmehr auf das Erlernen von Kompositionstechniken. Bald darauf erschienen erste gedruckte Werke; die erregten die Aufmerksamkeit einiger Kenner, die Masse erreichte Schumann damit jedoch ebenso wenig wie später durch seine Lieder.

Zusammen mit Friedrich Wieck, Ludwig Schuncke und einigen weiteren Freunden gründete Schumann 1834 die „Neue Zeitschrift für Musik“. Da die anderen aber für das Projekt kaum Zeit aufbringen konnten, schulterte er die Verlegerschaft maßgeblich allein. In der Funktion als Kritiker und Musikwissenschaftler setzte er neue Maßstäbe, insbesondere wandte er sich gegen Mittelmäßigkeit und seichtes Virtuosentum.

Ende 1835 kamen sich Schumann und Clara Wieck näher, ein Umstand, der dem überfürsorglichen Vater Wieck nicht verborgen blieb. Er unternahm in der Folgezeit alles, um jeden Kontakt zwischen den frisch Verliebten zu unterbinden. 1840 beendeten Robert und Clara die hoffnungslos erscheinende Situation mit einer Klage vor Gericht, die darauf gerichtet war, dass entweder der Vater der Ehe zustimmen oder von Amts wegen eine Einwilligung herbeigeführt werden sollte. Letzteres geschah: Am 12. September 1840 heiratete das Paar. 1841 wurde die erste Tochter Marie geboren; acht Kinder hatte das Paar insgesamt.

1843 war Schumann für kurze Zeit Lehrer am Konservatorium in Leipzig. 1844 zerschlug sich dann seine Hoffnung, Nachfolger von Felix Mendelssohn Bartholdy am Gewandhaus zu werden. Schumann zog daraufhin mit seiner Familie nach Dresden. Die Folgezeit bis 1846 war geprägt von Krankheiten, er klagte über Abspannung, Angstzustände, Nervenschwäche, Schwindelanfälle – und er wurde schwermütig. Sämtliche Bemühungen, eine Festanstellung in Sachsen zu erhalten, scheiterten. Im Dezember 1849 erhielt Schumann das Angebot, die Nachfolge von Ferdinand Hiller als Städtischer Musikdirektor in Düsseldorf anzutreten. Nach einiger Zeit war er dort jedoch Demütigungen und Intrigen ausgesetzt.

Im Februar 1854 verstärkte sich sein – wie man heute weiß – durch die bereits mit 20 Jahren zugezogenen Syphilis verursachtes Leiden; er hörte immer häufiger Stimmen und Töne, hatte Halluzinationen. Nach einem Suizidversuch – Schumann wollte sich im Rhein ertränken – wurde er in die private Heil- und Pflegeanstalt von Dr. Franz Richarz in Endenich nahe Bonn gebracht. Die Ärzte rieten Clara davon ab, ihren Mann zu besuchen, so dass sie ihn erst am 27. Juli 1856, kurz vor seinem Tod, wiedersah. Am 29. Juli starb Schumann. Die Zeit in Endenich lag bisher weitgehend im Dunkeln, erst das Wiederfinden der Krankenprotokolle 1994 lässt die ganze Schwere der Krankheit, vermutlich eine progressive Paralyse, deutlich werden. Schumann verlor den verzweifelten Kampf gegen die Krankheit, seine Werke aber leben bis heute. Corinna Weinert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren