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05.06.10 / Ein Stück Geopolitik / »Patriot«-Raketen in Mohrungen: Polen begrüßt die Stationierung, Russland zeigt sich konsterniert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-10 vom 05. Juni 2010

Ein Stück Geopolitik
»Patriot«-Raketen in Mohrungen: Polen begrüßt die Stationierung, Russland zeigt sich konsterniert

In Polen hat die Stationierung US-amerikanischer „Patriot“-Raketen begonnen. In Mohrungen, nur 55 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, werden sechs Startanlagen eingerichtet. Auf russischer Seite führt dies zu Irritationen, die Beziehungen zwischen Russland und den USA könnten wieder schlechter werden.

Erst vor wenigen Wochen haben sich die USA und Russland in Prag über die Erneuerung des START-Abkommens, das die Reduzierung nuklearer Waffen vorsieht, geeinigt. Der Konflikt über die US-amerikanischen Raketenschutzschildpläne in Polen schwelt hingegen weiter, polnische und russische Interessen klaffen hier meilenweit auseinander. Während die Polen im südlichen Ostpreußen durch die Militärbasis einen Wirtschaftsaufschwung erhoffen und deshalb auf die Einhaltung des Ende 2009 mit den USA geschlossenen Vertrags über die Einrichtung eines Raketenstützpunktes nahe der Grenze zum Königsberger Gebiet bestehen, sehen die Russen ihre nationale Sicherheit gefährdet. Die Vereinbarung sieht die Einrichtung von sechs Startanlagen für US-Flugabwehrraketen des Typs „Patriot“ vor und die Stationierung von amerikanischem Personal in Kompaniestärke auf polnischem Territorium. Es ist geplant, in einigen Jahren auch noch Abwehrraketen vom Typ SM-3 zu installieren, die ballistische Raketen abfangen können.

Vor kurzem wurde bei einem Tag der offenen Tür auf der Militärbasis in Mohrungen, unweit von Allenstein, die Ankunft der ersten sechs Raketenkomplexe gefeiert. Der polnische Verteidigungsminister Bogdan Kilch lobte die „Patriot“-Stationierung, weil sie die strategische Partnerschaft zwischen Polen und den USA bestätige. Während Politiker die Raketen als Bereicherung betrachten, zweifeln auch viele. Was, wenn Polen tatsächlich angegriffen werden würde, fragen die Menschen auf der Straße, vor allem ältere, die den letzten Krieg noch erlebt haben. Die 15000-Einwohnerstadt Mohrungen liegt nur 90 Kilometer von Königsberg entfernt.

Die Reaktion der Russen war entsprechend kühl. Außenminister Sergej Lawrow erwartet eine stichhaltige Erklärung, warum nahe der russischen Grenze Militäranlagen entstehen müssen. Die Stationierung amerikanischer Raketen auf polnischem Territorium trage nicht gerade zur Festigung der Sicherheit oder zur Vertrauensbildung bei. In der Zusammenarbeit der USA und Polens in diesem Bereich sehe man weder eine Notwendigkeit noch eine Logik. Keines der Argumente der Russen für eine Stationierung der Raketen-Stationierung in etwas größerer Entfernung von der innerostpreußischen Grenze hatte Gehör gefunden.

Um die Aufstellung und die Bedienung des Komplexes werden sich 100 amerikanische Soldaten kümmern, die schon vor Ort sind. Die Polen versuchten ihren östlichen Nachbarn damit zu beruhigen, dass die „Patriots“ lediglich zu Übungszwecken stationiert würden, weil geplant sei, die polnische Armee zu modernisieren. Erst in zwei Jahren würden die Raketen durch kampffähige Modelle ausgetauscht. Die USA haben Polen als integralen Bestandteil ihres neuen Raketenschutzschildes eingeplant, der bis 2020 vollendet sein wird. Eine feste Stationierung amerikanischer Raketenstartanlagen unmittelbar vor ihrer Haustür wollen die Russen jedoch nicht dulden. Sie behalten sich als Reaktion eigene Schritte vor. Einer davon könnte der Ausstieg aus dem START-Abkommen sein.

Schon früher hatte die amerikanische Führung erklärt, dass die Stationierung von „Patriot“-Raketen in Polen gegen mögliche Angriffe des Iran oder Nordkoreas gerichtet sei. Der russische Präsident Dmitrij Medwedew hingegen ist der Auffassung, dass die Aufstellung dieser Abfangraketen in Polen keinem anderen Ziel diene, als dem Abfangen russischer Interkontinentalraketen.

Das Raketenabwehrsystem „Patriot“ wird nicht nur von den Nato-Streitkräften zum Abfangen von Flugraketen mittlerer und großer Reichweite verwendet. Auch die Armeen von Ägypten, Nationalchina und Saudi-Arabien wurden von den USA bereits mit „Patriots“ ausgerüstet. Jurij Tschernyschew/PAZ


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