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12.06.10 / Tempo und Risiko / Die Bundesregierung entscheidet wieder – Furcht vor dem »Super-Gauck«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-10 vom 12. Juni 2010

Tempo und Risiko
Die Bundesregierung entscheidet wieder – Furcht vor dem »Super-Gauck«

Monatelang plätscherte die deutsche Politik richtungslos vor sich hin. Doch zuletzt ging alles ganz schnell: Die Bundesregierung hat sich auf ein großes Sparpaket und auf einen Nachfolger für Horst Köhler geeinigt. Mit der Aktivität ist für die Bundesregierung aber auch das Risiko zurückgekehrt.

Wie mutig ist das 80-Milliarden-Sparpaket? Experten sind sich einig, dass es notwendig war, doch die politischen Widerstände sind groß. Einzelne Maßnahmen erfordern zumindest indirekt die Mitwirkung des Bundesrates. Die Gewerkschaften sind sowieso dagegen, und im Bundestag widersetzen sich SPD, Grüne und Linke dem Vorhaben. Auch  die Clowns sind auf die politische Bühne zurückgekehrt: Eine wegen einer Verkehrs-Straftat zurückgetretene Ex-Bischöfin, die kürzlich von der Kanzel eines katholischen Doms herunter die Anti-Baby-Pille als „Geschenk Gottes“ anpries, rief nun die Kirchen zum „Widerstand“ (nicht etwa zum Protest) gegen Teile des Pakets auf. Da hat die Kanzlerin, der in diesen Tagen die Sorgen über den Kopf wachsen, wenigstens wieder einmal was zum Lachen.

Mehr Sorgen als die Umsetzung des Sparpakets dürfte die Bundeskanzlerin momentan ohnehin mit den Liberalen und deren Verhalten bei der Bundespräsidentenwahl haben. Durch eine Serie eigener Fehler hat FDP-Chef Guido Westerwelle seine Partei nach einem Höhenflug mit über 14 Prozent bei der Bundestagswahl nun wieder auf handliche 7 Prozent halbiert. Die CDU hat es kühl ausgenutzt und nacheinander „freie Hand“ bei der Nominierung des Bundespräsidenten gefordert und bekommen sowie ungerührt das vernünftige FDP-Anliegen einer Gesundheitsprämie im Sperrfeuer aus München scheitern lassen.

Ein Druckmittel   haben frustrierte FDP-Landespolitiker allerdings in der Hand. Mit öffentlichen Respektsbekundun- gen nicht nur aus den mitteldeutschen Landesverbänden zugunsten von Joachim Gauck üben sie massiv Druck sowohl auf Merkel als auch auf den zuletzt so glücklosen Westerwelle aus. Eine Schweizer Zeitung kalauerte, der Kanzerlin drohe nun der „Super-Gauck“. Auch etliche Zeitungen haben schließlich den von SPD und Grünen nominierten Kandidaten überaus positiv porträtiert, und Merkel selbst hat erst vor wenigen Wochen eine wahre Eloge zu dessen 70. Geburtstag gehalten. Gaucks Nominierung war ein geschickter Schachzug von SPD-Chef Gabriel, zumal CDU-Kandidat Christian Wulff mit Kritik auch von konservativer Seite leben muss (siehe den Beitrag von Wilhem v. Gottberg auf Seite 2).

Wulff behält sicherheitshalber sein Ministerpräsidentenamt bis zur Entscheidung der Bundesversammlung, was ihn aber als ängstlich erscheinen lassen könnte – Gauck hat keine „Rückfallposition“. Als eines von ganz wenigen Blättern hat übrigens diese Zeitung schon am 22. Mai, noch vor Köhlers Rücktritt, über Wulffs Hoffnung auf den Umzug ins Schloss Bellevue berichtet. Konrad Badenheuer


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