29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.06.10 / Fragile Demokratie / Russland: Zugeständnisse hier, Prügel dort

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-10 vom 12. Juni 2010

Fragile Demokratie
Russland: Zugeständnisse hier, Prügel dort

Das gab es bisher noch nicht: Bei einer Benefizveranstaltung in St. Petersburg ließ der Wladimir Putin in einer öffentlichen Diskussion herbe Kritik an seiner Regierung zu und das Gespräch auch noch ins Internet stellen. Jurij Schewtschuk, Sänger der seit den 80ern bekannten systemkritischen Rockband DDT, haute dem Regierungschef seine Kritik um die Ohren. Er warf Putin vor, alle bürgerlichen Freiheiten mit Füßen zu treten, Pressefreiheit und friedliche Demonstrationen zu behindern.

Putin reagierte gelassen. Weitschweifig sprach er von einer „normalen demokratischen Entwicklung“, und davon, dass keine Bedingungen geschaffen werden dürften, friedliche Kundgebungen von Andersdenkenden zu verbieten. Den schwarzen Peter schob er freilich den örtlichen Behörden zu, die für die Genehmigung von Versammlungen zuständig sind. Nie zuvor habe Putin eine „brisantere und offenere“ Diskussion zugelassen, schrieb der „Mos-kowskij Komsomolez“. Kritiker glauben, dass der Premier lediglich mit Blick auf 2012 einen Gang zurück schaltet.

Wie Öl ins Feuer wirkten Putins Worte hingegen bei den Oppositionellen, die am 31. Mai auf dem Triumphplatz in Moskau für die Einhaltung des Verfassungsparagraphen 31, der das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert, auf die Straße gingen. Denn während Putin sich in St. Petersburg demokratisch gab, schlugen in Moskau die Sicherheitskräfte zu. Bürgermeister Luschkow hatte die Kundgebung, wie alle vorherigen, untersagt. 152 Demonstranten wurden festgenommen. Die Polizei ging dabei äußerst brutal vor. Die Betroffenen berichteten, man habe sie über den Boden geschleift und geschlagen. Es gab Verletzungen und Knochenbrüchen. Selbst ein Kriegsveteran blieb nicht verschont, einem Journalisten der Internet-Agentur „Gazeta.ru“ wurde der Arm zweifach gebrochen.

Die Misshandelten wollen nun die Stadt verklagen und fordern die Absetzung von Bürgermeister Luschkow. Der nationale Sicherheitsrat der USA und Amnesty International kritisierten den Vorfall. Die Moskauer Innenbehörde ordnete auf Druck des Bevollmächtigten für Menschenrechte in Russland, Wladimir Lukin, eine Untersuchung an. Manuela Rosenthal-Kappi


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren