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19.06.10 / Liebesgeschichten der Maler / Ausstellung im Sprengel Museum zeigt Sehnsucht, Hingabe und Erfüllung in Werken des 20. Jahrhunderts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-10 vom 19. Juni 2010

Liebesgeschichten der Maler
Ausstellung im Sprengel Museum zeigt Sehnsucht, Hingabe und Erfüllung in Werken des 20. Jahrhunderts

Die Liebe ist ein elementares Thema der Kunst. Das veranschaulicht uns eine facettenreiche Ausstellung in Hannovers Sprengel Museum. Sie umfasst rund 190 Werke der Jahre 1900 bis 1960 aus eigenem Besitz, die von Sehnsucht und Erfüllung, aber auch von Ängsten und Liebesnöten erzählen.

Die Schau beginnt mit großen Augen und einem offen stehenden Mund. Die zeigt der von Emil Nolde dargestellte Mann angesichts einer fülligen nackten Schönheitstänzerin, die verschämt die Augen niedergeschlagen hat. Die Radierung trägt den treffenden Titel „Bewunderung“ (1922). Wie Nolde war auch Marc Chagall glücklich verheiratet. Auf zahlreichen Bildern verherrlicht er einander innig zugetane Liebespaare, die nicht selten vom Boden abgehoben haben. Liebe ist eben etwas Himmlisches. Kuratorin Isabelle Schwarz kommentiert: „Für ihn bedeutet die Essenz der Liebe, das Leben als ein Fest zu betrachten und die Freude als wesentliche Grundlage der Existenz zu begreifen.“

Der Zeit seines Lebens von Liebesglück beflügelte und Liebesleid gebeutelte Pablo Picasso war bettelarm, als er die anrührende Radierung „Das kärgliche Mahl“ (1904) schuf. An einem notdürftig gedeckten Tisch sitzt uns ein bis auf die Knochen abgemagertes Paar gegenüber. Er hat ihr den Arm um die Schulter gelegt – sein Gesicht aber von ihr weggedreht. Auch sie hat ihren melancholisch auf die Hand gestützten Kopf von ihm abgewandt. Die Darstellung verbindet körperliche Nähe mit innerer Distanz. Picasso scheint zu fragen: Ist Liebe in Elend und Armut aufrechtzuerhalten?

Edvard Munch hat nie ein unbeschwertes Liebesglück erfahren, wie Isabelle Schwarz berichtet. Ganz danach sieht auch sein Ölgemälde „Weiblicher Halbakt“ (1902) aus. Beim Anblick der üppigen Dame mit dem rotbraunen Haar kann einem Angst und Bange werden. Sie wirkt geradezu gefährlich, wie sie einen mit leicht zusammengekniffenen Augen fixiert. Kein Wunder also, dass das Gemälde auch unter dem Titel „Das Biest“ bekannt ist.

Auch Paul Klee und Otto Dix warten mit eindrucksvollen Liebesgeschichten auf. Klees Lithographie „Der Verliebte“ (1923) zeigt einen Mann, auf dessen verkümmertem Körper ein riesiger, kreisrunder Kopf sitzt. In dem ist eine Art Hampelmann dargestellt, der weibliche und männliche Geschlechtsmerkmale aufweist. Die Liebe als groteske Kopfgeburt. Dix hingegen hält sich im Gemälde „Die Eltern des Künstlers II“ (1924) an eine Geschichte, die das wahre Leben schrieb. Alt und etwas ins Hässliche gezogen sitzen die Eltern auf dem Sofa eng nebeneinander – traute Zweisamkeit nach all den Jahren ...

Max Beckmann war in zweiter Ehe glücklich mit der wesentlich jüngeren Mathilde von Kaulbach verheiratet, der er den Kosenamen „Quappi“ gab. Auf dem Gemälde „Quappi auf dem Sofa bei Kerzenlicht“ (1940–1942) stellt er uns die Dame seines Herzens vor. In einem Brief an sie formulierte Beckmann wundervolle Sätze über das Phänomen der Liebe: „Ein neues Spiel – Ein altes Spiel. – Es liegt an Dir und mir es ,einzigartig‘ zu gestalten.“ Veit-Mario Thiede

Die Ausstellung ist bis 15. August im Sprengel Museum, Kurt-Schwitters-Platz, Hannover, mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, dienstags bis 20 Uhr zu sehen. Der Katalog kostet 20 Euro.

Foto: Max Beckmann: Quappi auf dem Sofa bei Kerzenlicht (Öl, 1940– 1942). Der Künstler war in zweiter Ehe mit Margarete von Kaulbach verheiratet, die er „Quappi“ nannte.


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