18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.06.10 / Den Vorfahren nah / Ein neues Museum in Kroatien zeigt die Welt der Neandertaler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-10 vom 26. Juni 2010

Den Vorfahren nah
Ein neues Museum in Kroatien zeigt die Welt der Neandertaler

Erst vor kurzem machten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig eine sensationelle Entdeckung. Sie ermittelten in einer weltweit einzigartigen Analyse, dass die heutige Bevölkerung in Europa und Asien ein bis vier Prozent Neandertaler-Gene aufweist. Der vielfach belächelte Ur-Mensch ist somit nicht einfach ausgestorben, sondern wurde vom homo sapiens sapiens sozusagen absorbiert. Umso mehr dürften Museen wie das Evolutions-Museum in Krapina von Interesse sein.

Viele hatten die Hoffnung schon aufgegeben, dass das neue Neandertaler-Museum von Krapina in Nordwestkroatien nahe der slowenischen Grenze an der A1 Richtung Zagreb jemals fertiggestellt wird. Fast elf Jahre standen die Besucher vor einer großen schwarzen Wand, hinter der das Museum entstehen sollte. Nun aber hat es tatsächlich seine Tore geöffnet, um dem spektakulären Fundort endlich die Bekanntheit zu verschaffen, die ihm gebührt.

Von der Fachwelt einmal abgesehen, wer kennt schon die Neandertaler von Krapina? Benannt nach den 1856 in der Feldhofer Grotte im Neandertal bei Düsseldorf gefundenen Skelettresten, denkt man bei dem Vorfahren aus der Altsteinzeit verständlicherweise zuerst einmal an Deutschland.

Doch 1899 machte der kroatische Forscher Dragutin Gorjanovi- Kramberger einen sensationellen Fund. Auf Einladung des Lehrers Josip Rehori aus Krapina suchte und fand er in den Höhlen der Umgebung rund 900 menschliche Skelettreste, die über 80 Neandertalern beiderlei Geschlechts im Alter von zwei bis 40 Jahren zugeordnet werden konnten. Doch damit nicht genug. Kramberger entdeckte auch zahlreiche Überreste von Höhlenbären, Wölfen, Dachsen, Elchen, Hirschen, Nashörnern, Wildrindern und anderen Tieren aus derselben Zeit sowie über 1000 Steinwerkzeuge. Mit insgesamt rund 3000 urzeitlichen Artefakten besitzt Krapina damit die größte Sammlung ihrer Art.

Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts fanden Wissenschaftler der McMaster Universität in Hamilton, Kanada, durch die Elecron Spin Resonance Methode (ESR) sowie die Zahnschmelz-Analyse eines der Nashorn-Funde heraus, dass die Neandertaler von Krapina aus der letzen großen Zwischeneiszeit stammen. Das heißt: Sie sind 130000 Jahre alt.

Die Neandertaler lebten in Halbhöhlen, die das Wasser in den Fels gewaschen hatte und die nur von der Vorderseite aus zugänglich waren. In Anlehnung daran präsentiert sich das neue Museum als Halbhöhle aus Beton, die mit Sand aufgeschüttet ist. Zusammen mit dem Museumsatrium als stilisierter Neandertalerbehausung und der virtuellen Präsentation über das Leben der Urzeitmenschen soll der Besucher dem Höhlenbewohner von einst hier so nah wie möglich kommen. Dazu tragen auch die hyperrealistischen Skulpturen der französischen Bildhauerin Elisabeth Daynes bei: 19 „echte“ Neandertaler bei Tätigkeiten des täglichen Lebens.

Auf den über 1200 Quadratmetern Ausstellungsfläche findet man aber nicht nur Antwort auf die Frage, wie etwa die Menschen der Altsteinzeit auf Nashornjagd gingen. Man begibt sich auch auf die Suche nach ihrem Platz auf dem Stammbaum des Lebens. Dazu gehört in dem neuen Museum eine detaillierte Reise vom Urknall und der Entstehung der Erde bis zum Homo sapiens von heute.       Helga Schnehagen/os


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren