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03.07.10 / Der Mann mit den Radzähnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Der Mann mit den Radzähnen

Jeder kennt die Marke Citroën und ihr „zackiges“ Logo, zwei Zähne eines winkelverzahnten Zahnrades. Letzteres verdankt die Welt einer Polenreise André Citroëns. 1900 besuchte der am 5. Februar 1878 in Paris geborene Sohn eines gutsituierten jüdisch-niederländischen Juweliers im Heimatland seiner Mutter seine Schwester Jeanne und ihren Ehemann. Dank seines Schwagers lernte er bei der Gelegenheit im zirka 100 Kilometer südwestlich von Warschau gelegenen Glowno einen kleinen Industriebetrieb kennen, der Winkelzahnräder aus Metall herstellte, welche üblicherweise aus Holz gefertigt wurden. Kurzerhand erwarb er dieses Patent.

Nach der Ableistung des Militärdienstes nutzte er das Patent und gründete 1905 mit drei Partnern ein Unternehmen zur Herstellung von Zahnrädern für die Textilindustrie. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erkannte André Citroën als Soldat schnell den bis dahin unbekannten Munitionsbedarf des modernen Abnutzungskrieges und wurde freigestellt, um in Paris eine Fabrik für Granaten zu errichten und zu betreiben.

Nach dem Krieg stellte er die Produktion auf eine Ware um, die er bereits vor dem Kriege näher kennengelernt hatte. Auf Vermittlung seines Verwandten Paul Haarbleicher hatte er von 1908 bis 1913 als Sanierer beim französischen Automobilhersteller Mors gearbeitet. Dabei hatte er 1912 auch Ford mit seiner Fließbandfertigung in den USA besucht. Nun baute er ab 1919 selber Autos. Schnell wurden Halbkettenfahrzeuge eine ganz besondere Spezialität Citroëns. Werbeträchtig schickte er sie auf ausgiebige, exotische Expeditionen. Mit seinen modernen Modellen entwickelte sich Citroën zum erfolgreichsten Autohersteller des Kontinents. Bis 1929 kletterte die Jahresproduktion auf 102891 Fahrzeuge. Dieser Erfolg ließ André Citroën die Bedeutung und Folgen der Weltwirtschaftskrise unterschätzen und zu spät reagieren. Aber nicht nur das bewirkte sein späteres Scheitern.

Wie so viele Ingenieure, die Unternehmer wurden, überforderte er seinen Betrieb mit der Entwicklung eines für die eigenen finanziellen Kapazitäten technisch zu anspruchsvollen Produktes. In diesem Falle war es der ebenso legendäre wie innovative „Traction Avant“. Dieses erste Automobil mit Frontantrieb erreichte als „Gangsterlimousine“ schließlich Kultstatus. Aber da hatten die hohen Entwicklungskosten Citroën bereits ruiniert. Neuer Besitzer des (Lebens-)Werkes André Citroëns wurde der größte Gläubiger, der Reifenzulieferer Michelin. Innerlich gebrochen starb André Citroën einige Monate nach der Bankrotterklärung vom Dezember 1934 am 3. Juli 1935 an Magenkrebs.   M.R.


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