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03.07.10 / Zeuge eines Mordes / SS-Offizier klagt an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Zeuge eines Mordes
SS-Offizier klagt an

Im Jahr 1999 machte der damals 73-jährige kanadische Wirtschaftsprofessor Adalbert Lallier Schlagzeilen. Als damals 19-jähriger Offiziersanwärter der Waffen-SS will er im April 1945 Zeuge eines siebenfachen Mordes an KZ-Insassen aus Theresienstadt durch seinen damaligen Vorgesetzten Julius Viel im böhmischen Leitmeritz gewesen sein. Obwohl er der einzige Belastungszeuge blieb, wurde der noch lebende, 81-jährige Viel wenig später verhaftet und im Frühjahr 2001 (an Krebs leidend) zu zwölf Jahren verurteilt. Die Verteidigung monierte schwere Verfahrensfehler, und ging vor dem Bundesgerichtshof in Revision. Dieser setzte den sterbenskranken Viel Anfang 2002 auf freien Fuß, ohne in der Sache zu entscheiden.

Dieser Fall könnte Isabel Gaisserts zu ihrem jetzt als Taschenbuch erhältlichen Roman „Schwarz wie eine Mamba“ inspiriert haben. Auch hier schleppt ein Mensch die Erinnerung an sieben unbekannt gebliebene Morde mit sich herum, deren Zeuge er kurz vor Kriegsende in Litora in Böhmen wurde. Es ist der Waffen-SS-Offizier Bela Vallaire aus dem Banat, in dessen Beisein im April 1945 der Mord an sieben jüdischen KZ-Häftlingen geschah. Vallaire hatte gelernt: „Die Waffen-SS schießt niemanden nieder, der unbewaffnet ist.“ Doch fassungslos sah er mit an, wie die entkräfteten Männer von einem Offizier der Waffen-SS in einem Panzergraben erschossen wurden. Nach mehreren fehlgeschlagenen, eher halbherzigen Anläufen während der Nachkriegsjahre, die Tat aufzudecken, entschließt sich der junge Vallaire für das Verschweigen. Er studiert Nationalökonomie, wird Professor für jüngere Geschichte in Montreal/Kanada, macht international Karriere. Sein Leben verläuft jedoch nur nach außen hin in geordneten Bahnen. Kaum jemand weiß, dass der erfolgreiche Professor ein Getriebener ist, der von den grauenhaften Bildern der Vergangenheit heimgesucht wird. In den 80er Jahren beginnt Vallaire, selbst Nachforschungen über das unaufgedeckt gebliebene Verbrechen anzustellen. Alle Zeugen des Verbrechens haben sich offenbar dem seinerzeit schriftlich verlautbarten Befehl gebeugt, bis an ihr Lebensende über die Tat zu schweigen. Endlich, 55 Jahre später, zeigt er die Morde seines damaligen Vorgesetzten Roman Much an. Kriegsverbrechen verjähren nicht.

Inwiefern und in welchem Maße dem Augenzeugen, seinerzeit selbst ein Offizier der Waffen-SS, eine Mitschuld zuzuschreiben sei, auch um diese Frage geht es der Autorin, doch die Frage kann nicht gültig beantwortet werden. Immerhin war der Gymnasiast Bela gegen die bestehende Vorschrift vor seiner Volljährigkeit gezogen worden.

Der sich in der Gegenwart abspielende Teil der Handlung beleuchtet das Leben dreier Menschen. Im Internet liest der deutschstämmige Naturwissenschaftler Vincent Reutter aus Seattle die Nachricht von der Beschuldigung Roman Muchs. Da Vincents Vater im April 1945 ebenfalls in Litora stationiert war, ergreift dieser die Chance, etwas über das Geschehen und damit vielleicht auch über seinen Vater zu erfahren. Er macht seine Halbschwester Saskia, eine Juristin, darauf aufmerksam. Saskia und Vincent treten in Kontakt mit Vallaire, der sich, als Professor vom Dienst suspendiert und von seiner Lebensgefährtin verlassen, hinter der ominösen Internetanschrift „Blackmamba“ verschanzt.             Dagmar Jestrzemski

Celia Isabel Gaissert: „Schwarz wie eine Mamba“, Plöttner Verlag, Leipzig 2010, kartoniert, 207 Seiten, 13,90 Euro


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