24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.07.10 / Hautfarbe über alles / Rassismus gegen Weiße, Korruption, Aids − Südafrika am Abgrund

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Hautfarbe über alles
Rassismus gegen Weiße, Korruption, Aids − Südafrika am Abgrund

Zur Fußball-Weltmeisterschaft sah und sieht die Welt Bilder eines von Naturschönheiten dominierten, fröhlich-dynamischen Südafrikas. Hans-Joachim Löwer hat sich bereits vor dem großen Sportereignis mehrfach nach Südafrika begeben und dort jenseits von Touristenpfaden hinter die schöne Fassade geblickt. Der ehemalige „Stern“-Reporter hat 2007 ein Buch über die Zustände in Simbabwe veröffentlich und obwohl sich Südafrika als viel entwickelter und positiver präsentiert, ist das Vorzeigeland des Kontinents trotz allen Sonnenlichts voller Schatten. In „Mandelas schweres Erbe – Südafrika am Scheideweg“ zeigt Löwer ein Land, das die Chancen, die das Ende des Apartheid-Regimes, das die weiße Minderheit im Land bevorzugte und die Schwarzen unterdrückte, bot, nicht nutzen konnte.

Hatte man bisher geglaubt, bizarre Auswüchse im Sozialwesen und in der Gleichstellungsgesetzgebung seien typisch für Deutschland, so bietet das Land am Kap der Guten Hoffnung viel größere Absonderlichkeiten. So wunderte sich der 1948 geborene Journalist über mitten ins Nichts gebaute Orte oder schäbige Hütten, die sich um Neubausiedlungen drängten. Man erzählte ihm, dass sich hier Menschen vom Land niederließen, in der Hoffnung, so bald wie möglich ein vom Staat finanziertes Sozialhäuschen ohne jede Eigenleistung zu bekommen. Eigentlich hatten diese Immobilien die vorhandenen Slums durch feste Wohnsiedlungen ersetzen sollen. Doch überall, wo diese Sozialsiedlungen für die Armen entstanden, kamen neue Arme vom Land. Und so siedelten sie dort, nicht weil sie hofften, dort Arbeit zu finden, die es dort häufig eben nicht gab, sondern um so eines der Gratis-Häuschen zu erhaschen. Löwer erfährt, dass fünf Millionen Steuern zahlende Südafrikaner etwa 13 Millionen Arbeitslose finanzieren. Doch die meisten der neuen Hausbesitzer geben bei der nächsten Wahl ihre Stimme wieder der regierenden Partei, dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) von Staatspräsident Jacob Zuma.

Schier unglaublich erscheint das „Black Economic Empowerment“-Gesetz (BEE), das sich der Autor von einem Manager der Firma Adcorp erklären ließ. Ziel dieses Gesetzes war es, den Anteil der schwarzen Mehrheit in der während der Apartheid und auch noch danach von Weißen dominierten Wirtschaft zu erhöhen. Doch die Umsetzung der Idee verkam zur Farce. Manche Unternehmen würden sich bewusst Strohmänner unter der neuen schwarzen Elite suchen, die zur Einhaltung der Norm nichts täten, aber für die Hergabe ihres Namens als Unternehmer fürstlich entlohnt würden. Öffentliche Aufträge würden vor allem an Unternehmen mit vielen BEE-Punkten vergeben werden, egal, wie die Ausbildung oder die technische Ausstattung des Unternehmens sei. So erhielte eine Baufirma mit vielen schwarzen Mitarbeiters den Vorzug, auch wenn diese nur Hilfsarbeiter mit Schubkarren beschäftigte. „Die Zeiten, da in Südafrika die Hautfarbe wichtig war, sind offiziell seit 15 Jahren vorbei. Bei Adcorp aber haben wir uns während meines ganzen Besuchs mit nichts anderem beschäftigt“, so Löwers Bilanz.

Er beschreibt ungeschminkt, was er erlebt. Die überwiegende Masse der Schwarzen sei nicht nur bildungsfern, sondern an Bildung nicht interessiert. So jedenfalls lautet das Fazit einer weißen Farmersfamilie, die seit Jahren an ihrer Schule für die schwarzen Mitarbeiter kaum Kinder hat, die einen Bildungsabschluss erreichen, obwohl man ihnen die Bildung auf dem Silbertablett präsentiere. Allerdings spricht Löwer auch mit schwarzen Intellektuellen, die frei von den in (Süd-)Afrika für Weiße alltäglichen Risikos, als Rassist beschimpft zu werden, ähnliche Aussagen treffen.

Missmanagement, Korruption, Unfähigkeit und Unwille ziehen sich durch alle Berichte. Vieles erinnert an die Studie „Südafrika – Vom Scheitern eines multiethnischen Experiments“ vom Institut für Staatspolitik, das die von Löwer angesprochenen gravierenden Probleme bestätigt. Aids, Kriminalität, Weiße, die das Land in Scharen verlassen, Dekadenz der neuen schwarzen Eliten, Rassismus gegen Weiße − Löwers Ausführungen strotzen vor Beschreibungen, die einem nach all den schönen Reportagen zur WM schnell jede Lust auf eine Reise nach Südafrika vergehen lassen.        Rebecca Bellano

Hans-Joachim Löwer: „Mandelas schweres Erbe – Südafrika am Scheideweg“, Herbig, München 2010, gebunden, 255 Seiten, 19,95 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren