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10.07.10 / Alles oder nichts / Gesundheitssysteme im internationalen Vergleich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Alles oder nichts
Gesundheitssysteme im internationalen Vergleich

Im Vergleich der Finanzierungsmodelle für das Gesundheitswesen stehen sich in Europa zwei Grundrichtungen gegenüber: steuerfinanziert oder beitrags­finanziert. Am ehesten mit dem deutschen System vergleichbar sind Belgien und Luxemburg – die überwiegende Finanzierung aus einkommensabhängigen Sozialversicherungsbeiträgen wird ergänzt durch staatliche Zuschüsse, abhängig vom Defizit der Krankenkassen.

In Frankreich übernimmt die staatliche „Régime général d’assu- rance maladie“ 75 Prozent der Arzt- und 70 Prozent der Arzneikosten. Der Arbeitgeberanteil des Beitrags liegt bei 12,8, der Arbeitnehmeranteil bei nur 0,75 Prozent des Bruttolohns. Hinzu kommt, als Ausgleich für den längst nicht mehr ausreichenden Arbeitnehmerbeitrag, eine Allgemeine Sozialsteuer (CSG) in Höhe von 7,5 Prozent. Seit Jahrzehnten befindet sich das System in der Dauerkrise und schreibt jährliche Defizite in dreistelliger Millionenhöhe. Überfällige Reformen scheitern immer wieder am Widerstand der Gewerkschaften, vor allem der kommunistischen CGT.

Große Probleme haben auch die Länder, die ihr Gesundheitswesen überwiegend aus Steuermitteln finanzieren, wie Großbritannien, Portugal, Finnland, Schweden, Dänemark oder Irland. Sie mussten erkennen, dass langfristig die Qualität der ärztlichen Versorgung leidet.

Zu gleichen Teilen aus Steuern und Beiträgen finanzieren Spanien, Italien und Griechenland ihre Krankenversicherungen. Mangelnde Ausgabendisziplin und zum Teil chaotische Verwaltungsstrukturen haben in diesen Ländern zu den allgemeinen Etatkrisen beigetragen.

Die Schweiz verfügt über ein eigenständiges, weitestgehend auf Beiträgen gestütztes System, das in Deutschland oft als Vorbild dient. Einheimische und aufenthaltsberechtigte Ausländer sind generell pflichtversichert. Es gibt jedoch keine staatliche Krankenkasse, sondern nur privatwirtschaftlich geführte Krankenversicherungen. Die Prämien sind einkommensunabhängig (Kopfprämien) und werden von den Kantonen festgelegt; zur Zeit liegen sie bei durchschnittlich 310 Franken (zirka 200 Euro) im Monat. Da die Schweiz (gemessen am BIP) mit über 52 Milliarden Franken das weltweit zweitteuerste Gesundheitswesen hat, bleiben auch ihr grundlegende Reformen nicht erspart.

Im krassesten Gegensatz zu jenen Staaten, die alle Bürger in eine Krankenversicherung zwingen, steht das System der USA. Es gibt bislang überhaupt keine Versicherungspflicht. Dennoch sind 61 Prozent der Amerikaner über ihre Arbeitgeber versichert, weitere zehn Prozent zahlen eine private Versicherung. Soldaten, Veteranen, Behinderten, Bürgern über 65 oder mit Einkommen unter der Armutsgrenze zahlt der Staat eine karge Grundversorgung. Aber 46 Millionen Bürger waren bis zu Barack Obamas Gesundheitsreform nicht versichert; sie haben lediglich Anspruch auf Notfall-Versorgung. Viele von ihnen sehen darin sogar einen Ausdruck persönlicher Freiheit.          H.J.M.


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