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10.07.10 / Energiepolitik in 1000 Stücken / Deutschland fehlt ein Gesamtkonzept − Ideologie statt Logik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Energiepolitik in 1000 Stücken
Deutschland fehlt ein Gesamtkonzept − Ideologie statt Logik

Begeistert nahm die „Frankfurter Rundschau“ („FR“) den „Nationalen Aktionsplan für Erneuerbare Energien“ von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf und titelte „Ökostrom boomt Atom weg“. Nach Schätzungen des Umweltministeriums dürfte sich der Anteil der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien bis 2020 auf 38,6 Prozent erhöhen. Und da Röttgen im Frühjahr als Voraussetzung für das Abschalten der Kernkraftwerke einen Anteil der erneuerbaren Energien von 40 Prozent genannt habe, bedeute dies laut „FR“, dass zumindest rein rechnerisch ab 2021 alle deutschen Atommeiler ausgeschaltet werden könnten.

Diese auf extremen Vereinfachungen basierende Logik dürfte jeden, der sich ein wenig mit dem Thema Energieerzeugung auseinander gesetzt hat, in die Verzweiflung treiben. Experten beklagen schon seit Jahren, dass in Deutschland die erneuerbaren Energien rasant ausgebaut würden, ohne dass gleichzeitig Speichermöglichkeiten geschaffen werden. Da vor allem Wind- und Sonnenenergie äußerst ungleichmäßig zur Verfügung stehen, müsste dieses Manko durch die Schaffung von Speicherkapazitäten behoben werden. Allerdings gibt es hierfür bisher keine überzeugenden, massentauglichen Technologien. Gleichzeitig hält auch der Ausbau der Leitungsnetze nicht mit dem Bau von Windkraft- und Solaranlagen Schritt. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gibt hierfür der dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellten Bundesnetzagentur die Schuld. Sie müsse den Netzbetreibern höhere Renditen genehmigen, um so die Anreize zum Ausbau der Netze zu erhöhen. Bereits 2005 habe die Deutsche Energieagentur (Dena) errechnet, dass Deutschland neue Höchstleistungstrassen mit einer Länge von etwa 850 Kilometer bräuchte. Da die meisten Windkraftanlagen im Norden Deutschlands zu finden sind, die großen energieintensiven Industrien aber im Süden, müsse beides miteinander verbunden werden. Fünf Jahre später seien jedoch gerade 90 Kilometer Leitung neu gebaut worden. Dies läge nicht an der mangelnden Investitionsbereitschaft der Netzbetreiber, sondern an regionalen Widerständen gegen Stromleitungen. RWE-Manager Rolf Martin Schmitz geht davon aus, dass allein der Ausbau der Übertragungsnetze für die Erneuerbaren Energien in den nächsten zehn Jahren 40 Milliarden Euro kosten dürfte, doch weder Umweltgruppen noch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) würden den Netzbetreibern helfen, die Akzeptanz neuer, intelligenter Leitungsprojekte in der Bevölkerung zu erhöhen. „Haben Sie den BEE in dieser Frage je an Ihrer Seite auf Bürgerversammlungen gehabt?“, fragte Schmitz bei einer Energiekonferenz seine Kollegen.

Stromerzeuger und der BDEW kritisieren, dass die Bundesregierung bisher noch kein langfristiges energiepolitisches Gesamtkonzept vorgelegt hat, das der Energiebranche als Grundlage für zukünftige Investitionen dienen könnte. Neben der andauernden Ungewissheit über die Laufzeitverlängerung bei Kernkraftwerken sorgte nun der Bundesrat für Unklarheit, indem er die vom Bundestag bereits beschlossene Kürzung der Solarförderung zum 1. Juli kippte. Im Vermittlungsausschuss wurde nun beschlossen, die Kürzung um 16 Prozent in Schritten über die nächsten drei Monate zu verteilen.             R. Bellano


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