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10.07.10 / Anschluss zurückerlangen / Ein französisches Unternehmen an der Spitze von IT-Technologien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Anschluss zurückerlangen
Ein französisches Unternehmen an der Spitze von IT-Technologien

Die französische Industrie zeigte vor kurzem ausgesprochene Leistungsstärke in einem Schlüsselsektor der Zukunft. In den letzten Tagen belegten zwei Ankündigungen, dass Frankreich und Europa in einem strategisch äußerst wichtigen Bereich wie den Großrechnern wieder präsent sind. Im Mai weihten das Unternehmen Bull und die Direktion für militärische Anwendungen der französischen Atomenergiebehörde (CEA/DAM) den größten Rechner ein, der je in Europa konzipiert und gebaut wurde und der einer der größten in der Welt ist. Am 1. Juni war zu hören, dass AWE, das britische Äquivalent zu CEA/DAM, seinerseits auch seit einigen Monaten einen Bull-Supercomputer einsetzt. Hinzugefügt werden muss, dass sich das große deutsche Wissenschaftszentrum in Jülich im vergangenen Jahr für die Bull-Technologie entschieden hat. Somit vertraut ein Teil der europäischen Wissenschaftsgemeinschaft auf die IT-Technologie eines französischen Unternehmens, und das ohne jeglichen Druck und bei größter Transparenz der Ausschreibungen und des freien Wettbewerbs mit den amerikanischen und japanischen Wettbewerbern. Aus diesen Erfolgen kann man mindestens zwei Lehren ziehen.

Die erste: In unserer Welt, insbesondere im Bereich der Industrie, ist niemals alles gänzlich verloren. Dies ist der Vision und dem Willen des IT-Spezialisten Pierre Bonelli zu verdanken, der im Dezember 2000 eine Wette auf das Überleben des Unternehmens Bull einging, deren Pleite zum Ende des Jahres in Aussicht stand. Die französische Regierung entschied kurz vor den Präsidentschaftswahlen der schon ellenlangen Liste von Einbrüchen in der Industrie nicht noch ein zusätzliches Drama hinzuzufügen, und richtete einen Hilfeschrei an Bonelli. Innerhalb weniger Monate entwickelte der neue Vorsitzende die neue Strategie für die Gruppe.

Die zweite Lehre: Europa hatte es nicht verstanden, in der Internet-Wirtschaft einen signifikanten Platz einzunehmen, wobei es den Vereinigten Staaten das Quasi-Monopol der Software-Domäne (Microsoft, Google, IBM, etc.) überließ und zugleich zuließ, dass sich die USA und Asien bei den elektronischen Bauelementen und der Hardware auf den vorderen Plätzen behaupteten (IBM, Intel, Toshiba, HP, Acer). Im Klartext hat Europa den ersten Internet-Zug vorbeifahren lassen. Ein zweiter läuft in den Bahnhof ein, der vor allem durch die Entwicklung des Begriffs „cloud computing“ oder „Supercomputingzentrum“ angekündigt wurde, dessen Herzstück klar die große intensive Rechenkapazität und Informationsverarbeitung ist. Jetzt heißt es, den nicht zu verpassen. Es geht jetzt darum, nach neuen Formen europäischer Zusammenarbeit zu suchen, um den Erhalt einer hochgradigen Kompetenz in punkto IT-Architektur zu sichern. Denn die IT-Industrie ist die Voraussetzung für jede weitere Entwicklung.

Darin genau liegt der Sinn des 2008 vom französischen Präsidenten an die deutsche Bundeskanzlerin unterbreiteten Vorschlags, auf dem Gebiet der IT-Technologien enger zu kooperieren. Aber Achtung: Europa sollte vermeiden, dem freien Wettbewerb den Rücken zu kehren.          Jean-Paul Picaper


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