20.04.2024

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10.07.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,     

liebe Familienfreunde,

ja, da hatte ich in der letzten Folge Erfreuliches angekündigt, und so will ich gleich mit der schönsten Zuschrift beginnen. Wer unsere Ostpreußische Familie aufmerksam verfolgt, hat diese außergewöhnliche Familienfindung miterlebt: Es ist die von Monsieur Camille Stein aus Frankreich und seinem Cousin in Polen, die zuvor nichts voneinander gewusst hatten. Für unsere Neu-Leser ganz kurz erzählt: Ein älterer Herr aus Frankreich suchte den Heimatort seiner Mutter, von dem er erst nach ihrem Tod bei Durchsicht der Urkunden erfahren hatte, den er aber nicht finden konnte. Da dieser „irgendwo im Osten“ lag, bekamen wir auf Umwegen die Sache auf den Tisch und konnten ihn als Brinsk (Brynsk) in der heutigen Republik Polen ausmachen. Als Herrn Steins Mutter ihren Heimatort blutjung verließ, um im Westen in Stellung zu gehen, gehörte er zu Westpreußen. Aufgrund der nun feststehenden Herkunft bat Camille Stein, nach Verwandten zu forschen, und diese fanden sich tatsächlich durch die Suche in unserer Ostpreußischen Familie, obgleich sie im heutigen Polen lebten. Die Verbindung war hergestellt, und nun gab es ein Wiedersehen am Ort ihrer gemeinsamen Herkunft, im ehemals deutschen Brinsk, das die Mutter von Camille als junges Mädchen verließ, um nie wieder zurückzukehren und – nie darüber zu sprechen. Da spielten wohl neben persönlichen Gründen die politischen Entwicklungen, bedingt durch zwei Weltkriege, eine Rolle. Zu dem bereits brieflich gefundenen Verwandten Francek Zaporowski gesellte sich nun zur großen Überraschung eine dort lebende Cousine von Camille, die bisher auch nichts von der Existenz eines in Frankreich lebenden Verwandten gewusst hatte. Wie die Ehefrau des Blinden, Bernadette Stein, uns mitteilt, fehlen ihr die Worte, die Freude ihres Mannes zu schildern, der sich sofort eingebunden in seine mütterliche Familie fühlte trotz seiner Blindheit, trotz Sprachschwierigkeiten, die aber durch die Französisch sprechende Enkelin des Verwandten minimiert werden konnten. Das uns übersandte Foto vermittelt etwas von der Freude über diese wohl außergewöhnlichste Familienzusammenführung der letzten Zeit. Für uns bemühte sich Bernadette Stein, den Dank ihres Mannes auf Deutsch zu überbringen: „Danke tausend mal von Herz.“ Hier hat sich unsere Ostpreußische Familie als Bindeglied über Länder und Grenzen hinweg erwiesen – ein schöneres Beispiel für diese Brückenfunktion kann es kaum geben.

Kaum war in Folge 25 das Bild von Herrn Prof. Dr. Ing. Günter Hertel aus Dresden mit seinem mit Königsberger Motiven versehenen Auto erschienen, das ihn als engagierten „Ostpreußenfan“ auswies, bekam er schon die ersten Zuschriften und Anrufe. Die betrafen vor allem sein Engagement für den Erhalt der Kirche in Alt-Lappienen/Rauterskirch und die damit zusammenhängenden Dokumentationen. Spontan fasste Prof. Hertel die ersten Eindrücke zusammen und übermittelte sie uns sofort:

„Herzlichen Dank für die prompte und schöne Berichterstattung – ich habe mich sehr gefreut. Das, was wir erreichen wollen und wollten, ist bereits eingetreten: Mitglieder unserer Ostpreußischen Familie wollen ihre Geschichte, ihr Wissen, ihr Schick­sal nicht mit ins Grab nehmen, sondern der Nachwelt offenbaren. Es ist für mich erstaunlich, wie liebreizend und mit welchem zeitlichen Aufwand – und sicher auch kostenmäßig nicht zu unterschätzenden Umfang der Telefongespräche – einzelne Ostpreußen mich kontaktiert haben. Ich habe viele Einzelheiten erfahren, die ich zum Teil wusste, zum großen Teil nicht und zum Teil noch verifizieren muss, die in jedem Fall gute Hinweise sind. Aber wichtiger als die Fakten sind mir die Gespräche selbst – Persönlichkeiten im hohen Alter, wie ein 90-jähriger erstaunlich rüstiger Ostpreuße, erzählten mir aus ihrem Leben – welch ein Reichtum unserer deutschen Kulturgeschichte!“

Wir danken unserem „Ostpreußenfan“, dass er diese unsere Aufgabe und Arbeit anerkennt, und werden uns bemühen, sie in weitere Bekenntnisgenerationen hineinzutragen, wie er wünscht.

Eine, die unermüdlich dabei ist, diese Forderungen zu erfüllen, ist Frau Ute Eichler, die Betreuerin der Lötzener Heimatsammlung in Neumünster. Nicht einfach waren die Fragen, die sie im Rahmen dieser Tätigkeit erneut an uns stellte, und ich war eigentlich ein wenig skeptisch, ob sie Resonanz in unserem Leserkreis finden würden – haben sie aber, wie uns Frau Eichler nun mitteilt. Sie schreibt:

„Gerade, als ich dachte: Erinnert sich denn niemand an den Landesfinanzpräsidenten zu Königsberg, den Franz Tiesler? – da kam der Anruf, der einen entscheidenden Hinweis brachte. Frau Piccenini wusste mitzuteilen, dass Franz Tiesler als Witwer seinen Ruhesitz in Nikolaiken hatte, ein Haus an der Seepromenade, das heute noch steht. Sie, die damals noch ein Schulmädchen war, sieht den auffallend gerade gehenden Mann noch vor sich. Die Möbel wurden 1945 von den Russen heraus getragen. Verlässlich ist, dass Frank Tiesler 1943 noch in Nikolaiken lebte. Wo und wie er das Kriegsende erlebte, ob er es überlebte – noch wissen wir es nicht. Frau Piccenini konnte mir aber eine Telefonnummer geben, unter der ich vielleicht mehr erfahren werde. Auch sie will an der Frage dranbleiben.“

Ist das schon recht erfreulich, so kann Frau Eichler über die Reaktion auf ihre Fragen, die den Pfarrer Modersitzki betreffen, noch mehr zufrieden sein. Sie erhielt mehrere Anrufe bezüglich der von ihm verfassten Rundbriefe und Begegnungen mit dem Kirchenmann in der Heimat wie hier im Westen, die für Frau Eichler und ihre Archivarbeit sehr wichtig sind. Ihr Fazit: „Alle Anrufer haben für mich wieder einmal den Beweis erbracht, wie aufmerksam und gründlich die Ostpreußische Familie gelesen wird, und die Erkenntnis, dass manche Antwort aus vielen kleinen Bruchstücken zusammengesetzt werden muss – und das mit viel Geduld“.

Es genügt manchmal nur ein Anstoß – und schon kommt ein Problem zu Tage, das man lange Jahre, oft Jahrzehnte, mit sich herumgeschleppt hat, ohne es anzupacken. So kann ich es aus dem Schreiben einer Berlinerin entnehmen, die unsere Zeitung bisher nicht gekannt hat und daher auch nicht unsere Ostpreuße Familie. „Durch einen wunderbaren Zufall“ – so schreibt Frau Ingeborg Margot Potopaaw – „.lernte ich die Familie Gerbeth kennen, die mir den Rat gab, mich an Sie zu wenden. Damit sind endlich, endlich Jahre der Traurigkeit und des schlechten Gewissens, nie meine Eltern befragt zu haben, wo meine Wurzeln sind, vorbei. Es gibt Hoffnung – durch Sie?“ Das Fragezeichen steht zu Recht. Denn die Angaben zu der Suche nach den Wurzeln ihrer Familie sind mehr als dürftig, sie bestehen eigentlich nur aus der Sterbeurkunde des Vaters von Frau Potopaaw und können zudem noch irreführend sein. Da wir aber mit Sicherheit der einzige Weg sind, etwas über die Herkunft ihrer väterlichen Linie zu erfahren, werden wir uns bemühen, die Angelegenheit so aufzubereiten, dass sich doch einige Spuren finden lassen. Ingeborg Margot, *4. Juli 1935 in Berlin, ist das einzige Kind des Werkzeugmachers Fritz Matiszick und seiner Frau Hertha. Er selber stammte aus einer kinderreichen Familie, seine Brüder Franz und Emil sind wie er schon in jungen Jahren „ins Reich“ gegangen, wie man damals sagte. Diese Brüder sind verstorben, ob sie Nachkommen haben, weiß Frau Potopaaw nicht, ebenso ist ihr nicht bekannt, ob ihr Vater noch weitere Geschwister hatte. Der einzige Anhaltspunkt ist die Sterbeurkunde von Emil Fritz Matiszick, (Rufname Fritz), ausgestellt am 25. Februar 1969 in Berlin-Fried­richshain. Aus ihr geht hervor, dass der am 18. Februar 1969 in Berlin Verstorbene am 10. Ok­tober 1891 in Norutschatchen, Kreis Gumbinnen geboren wurde, registriert im Standesamt Gumbinnen Nr. 162/1891. Das ist alles, was wir in der Hand haben. Frau Potopaaw meint, dass ihr Vater auch von dort stammen müsste, was ich aber nicht glaube. Denn Norutschatschen war ein Stadtteil von Gumbinnen, in dem auch Familien der dort stationierten Militärangehörigen lebten. Ich kann das bestätigen, weil die Geburts­urkunde meines 1904 geborenen Bruders auch diesen Namen aufweist. Es könnte also durchaus sein, dass der Vater von Fritz Matiszick damals beim Militär war, aber aus einer anderen Gegend Ostpreußens stammte. Der Name weist eher nach Masuren hin. Deshalb müssen wir zuerst nach Trägern dieses Namens suchen und nachforschen, ob in ihren Familien die Namen der drei Brüder mit den Rufnamen Fritz, Franz und Emil Matiszick, Geburtsdaten um 1890, zu finden sind. Vielleicht gibt es auch Nachkommen dieser nahen Verwandten, zu denen leider zu Lebzeiten der Eltern kein Kontakt bestand, hofft Frau Potopaaw, die sich über jede Zuschrift freuen würde. (Ingeborg Margot Potopaaw, Mellenseestraße 4 in 10319 Berlin, Telefon 030/5123883.)

Wie schwierig die Namensfindung noch durch die zwischenzeitlichen und heutigen Benennungen sein kann, beweist eine Zuschrift auf die Suchfrage von Frau Ottilie Derrien nach ihrem Vater Peter Schojzuck aus Gomen oder Gabin, dessen Heimatort uns Rätsel aufgaben. Herr Hans-Georg Baltrusch nimmt dazu wie folgt Stellung:

„In der Suchfrage ist erwähnt, dass sich Herr Schojzuk wohl bis 1946 in ,Dworitschach, Kreis Pscherjachnow‘ aufgehalten hat. Ich nehme an, dass es sich um den Ort Dwarischken, später Eichenberg, heute Lesnoe, Kreis Insterburg (russisch Tschernjachowsk) handelt. Insterburg wird lateinisch mit Cernjahovsk übersetzt. In der ersten Zeit hat man die deutschen Ortsnamen in kyrillischen Buchstaben geschrieben, wobei ein o wie ein a gesprochen wird. Die eigentliche Festlegung neuer russischer Ortsnamen geschah wahrscheinlich 1946. Einen Ortsnamen Gomen konnte ich nicht finden, jedoch Gabin, das südlich der polnischen Stadt Plock liegt. Ich hoffe, dass ich Ihnen und Frau Ottilie Derrien ein wenig helfen konnte.“

Das haben Sie getan, lieber Herr Baltrusch. Denn wie Frau Derrien mir mitteilte, war es zwar die einzige Zuschrift, die sie erhielt, aber für sie waren Ihre Erklärungen sehr wichtig. Sie bedankt sich sehr für diese schnelle und ausführliche Information.

Flohmärkte sind oft für aufmerksame Sucher nach Relikten aus vergangenen Zeiten eine wahre Fundgrube, so auch für Herrn Hans Ulrich Thiele aus Bielefeld. Der junge Mann stieß nun beim Stöbern auf zwei Fotos, die ihn persönlich nicht interessieren, aber für jemanden aus unserem Leserkreis wertvoll sein können. Er hat deshalb uns sofort über seinen Fund unterrichtet, wofür wir ihm dankbar sind. Auf beiden Fotos ist der gleiche junge Offizier der deutschen Wehrmacht zu sehen, der namentlich identifiziert werden kann, denn auf der Rückseite des einen Bildes ist handschriftlich vermerkt: Leutnant Herbert Matzkowitz, Feldpost 059688, Grenadier Ersatz Bataillion 9, Potsdam, Heimatanschrift Ragnit/Ostpreußen. Mutter Wilhe. Emma Matzkowitz, Lübeck, Bergstraße 20 bei Platthof. Auf dem zweiten Bild ist auf der Rückseite ein Vermerk über „Versorgung der Eltern“, der mit Stempel Nr. 16450 von der Feldpost beglaubigt (?) wurde. Wer kannte den oder die Betreffenden oder weiß, ob es noch Angehörige gibt, die sich für diese Fotos interessieren. (Hans Ulrich Thiele, Postfach 102849 in 33515 Bielefeld.)

Eure Ruth Geede


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