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10.07.10 / »Griechenland braucht den Tourismus« / Wie Einheimische mit der Krise umgehen und was sie von der Sparpolitik der Regierung halten – Ein Reisebericht aus Kreta

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

»Griechenland braucht den Tourismus«
Wie Einheimische mit der Krise umgehen und was sie von der Sparpolitik der Regierung halten – Ein Reisebericht aus Kreta

Die Bilder der brennenden Bank in Athen gingen um die Welt. Demonstranten hatten das Gebäude angezündet, dabei waren drei Menschen ums Leben gekommen. Grund der Unruhen waren die drastischen Sparmaßnahmen, welche die in finanzielle Schieflage geratene griechische Regierung angekündigt hatte. Vorgesehen sind unter anderem Gehaltskürzungen, Rentenkürzungen und Steueranhebungen. Unruhig wurden auch deutsche Bürger. Die Finanzminister der Eurozone hatten Griechenland Kredite in Höhe von 110 Milliarden Euro zugesagt. 80 Milliarden Euro übernehmen die Staaten der Währungsunion; 22,4 Milliarden davon sind der deutsche Anteil. „Was macht ihr mit unserem Geld?“, fragen Griechenland-Urlauber mit Sorge ihre Gastgeber. Andere überlegen es sich reiflich, ob sie überhaupt in das Krisenland fahren sollen. „Sie fragen extra bei uns an, ob es hier auch Unruhen gibt? Ob es wirklich sicher ist“, wundert sich Gabi Koukounaraki, die mit ihrem Mann Theo in Frangokastello, einem kleinen Dorf an der Südküste Kretas, das Restaurant „Blue Sky“ und eine Appartmentvermietung betreibt. „Wir weisen dann darauf hin, dass  es bei uns auf der Insel ganz ruhig ist, die Unruhen, wenn überhaupt, sich auf Athen beschränken. Sie schaden uns sehr mit diesen Aktivitäten. Der Tourismus ist doch die letzte Einkommensquelle, die Griechenland hat.“

Auch Aristoteles Perrakis blickt sorgenvoll in die Zukunft. „Die Buchungen sind in diesem Jahr um zehn Prozent zurückgegangen“, sagt der Grieche, der seit gut zehn Jahren das Aparthotel „Stavris“ in Frangokastello bewirtschaftet. „Dabei können wir noch von Glück sagen, in Athen sind die Buchungen in den großen Hotels um 40 Prozent zurückgegangen. Wir hoffen weiterhin auf unsere Stammgäste, die Sfakia-Leute, die diese Landschaft lieben.“

Gabi Koukounaraki sagt: „Es ist nicht leicht geworden. Wir müssen mehr Steuern zahlen, die Preise sind gestiegen. Allein das Benzin, es kostet mittlerweile bis zu 1,62 Euro. Wir müssen teuer einkaufen, aber wir geben die Preise nicht an unsere Kunden weiter. Wir müssen jetzt halt kleinere Brötchen backen, aber wir schaffen das“, sagt die blonde Düsseldorferin, die seit mehr als zwei Jahrzehnten in dem stillen Dorf lebt und arbeitet, zuversichtlich. „Wichtig ist, dass auch reiche Leute endlich zur Kasse gebeten werden und Steuern zahlen.“

„Der Staat überprüft jetzt, ob das Vermögen auch dem Einkommen entspricht“, erklärt Theo Koukounarakis. „Da hat einer zwei dicke Autos, ein Wochenendhaus und eine teure Eigentumswohnung, er verdient offiziell aber viel weniger, da muss doch was faul sein.“

Schnell fällt auch das Zauberwort „Fakelaki“ (wörtlich übersetzt heißt Fakelako Umschlag, Briefumschlag; Fakelaki ist  ein kleiner Briefumschlag). Gabi und Theo schmunzeln, werden aber rasch wieder ernst. „Wenn du eine wichtige Operation brauchst und du willst von einem guten Arzt behandelt werden, dann brauchst du Fakelaki. Du gibst ihm ein paar Scheine, dann bekommst du die Operation, wenn nicht, dann …“ Theo zieht schicksalergeben die Schultern hoch und hebt die Hände gen Himmel. „Auch wenn du einen Kredit brauchst und zur Bank gehst“, ergänzt Gabi, „und du kennst keinen, dann gibt es gar nichts. Da hilft dann auch ein Fakelaki.“

Das muss sich alles ändern, da sind sich beide einig. „Der Papandreou macht einen guten Job, er macht reinen Tisch, auch wenn er dann nicht wiedergewählt werden wird.“ Gabi schüttelt den Kopf. „Die Leute sind eben ahnungslos, der kleine Mann weiß nicht, was da alles abgelaufen ist.“

Es ist heiß in diesen Tagen auf Kreta. 30 Grad Celsius und mehr machen selbst den Einheimischen zu schaffen. Die Hitze kommt aus Afrika, sagen sie, die Krise aber aus Athen. Silke Osman


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