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17.07.10 / Wichtiger als Georgien / Neustart der Beziehungen trotz Agentenkrimi und offener Fragen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

Wichtiger als Georgien
Neustart der Beziehungen trotz Agentenkrimi und offener Fragen

Gerade erst hatten die Präsidenten Barack Obama und Dmitrij Medwedew medienwirksam den Neustart der amerikanisch-russischen Beziehungen gefeiert, da verhagelte ihnen die Affäre um den aufgeflogenen russischen Spionagering beinahe die Stimmung. Doch schneller als erwartet fanden beide Seiten eine Lösung des Problems. Kurz nach ihrer Verhaftung wurden die 14 russischen Spione in Wien gegen vier in Russland inhaftierte amerikanische Agenten ausgetauscht. Medwedew hatte sich in den Tagen zuvor in den USA mit Wirtschaftsführern getroffen, Silicon Valley besichtigt und für amerikanische Investitionen in das geplante russische Pendant Skolkowo geworben.

Kaum jemand dürfte den Zeitpunkt der Aufdeckung des Spionagerings, von dem das FBI seit zehn Jahren Kenntnis hatte und dessen Agenten keinen Zugang zu brisanten Informationen hatten, für einen Zufall halten. Wer ein Interesse daran hatte, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und den USA zu torpedieren, bleibt ein Geheimnis.

Die Annäherung der beiden Großmächte dürfte jedoch vielen Interessengruppen ein Dorn im Auge sein. Die osteuropäischen und südkaukasischen Verbündeten der USA zum Beispiel fühlen sich seit Obamas Amtsübernahme vernachlässigt; sie glauben, die Vereinigten Staaten räumten den neuen Beziehungen mit Russland und China Vorrang ein. US-Außenministerin Hillary Clintons Reise nach Osteuropa und nach Georgien diente daher neben dem Zeigen von Präsenz in einem geographischen Interessenbereich Russlands, der von Konflikten geschüttelt ist, auch der Beruhigung der Partner. Clinton besuchte Aserbaidschan, die Ukraine und Georgien. Aserbaidschan ist seit Jahren ein wichtiger Stützpunkt für die Versorgung der Truppen in Afghanistan. Präsident Ilcham Alijew missfällt das Engagement Wa-shingtons in Armenien und der Türkei. Der Ukraine sagte sie eine Zusammenarbeit im Energiebereich und Investitionen in die Gas-infrastruktur zu. Clinton beendete ihre Reise in Georgien, wo Präsident Saakaschwili ungeduldig die Zusage amerikanischer Unterstützung erwartete. Obwohl es in letzter Zeit Annäherungen zwischen Georgien und Russland gab, der Flugverkehr und ähnliches wieder aufgenommen wurden, ist der Konflikt um die abtrünnigen Teilrepubliken Abchasien und Südossetien immer noch präsent. Die Außenministerin kritisierte russische Pläne zum Bau von Militärstützpunkten in den beiden Regionen als Verletzung des von Georgien und Russland unterzeichneten Friedensvertrags, beließ es aber dabei. Putin antwortete mit einer eher verhalten wirkenden Warnung an Saakaschwili.

Für Obama zählt als Erfolg, dass Russland den neuen Start-Vertrag unterzeichnet hat und nun auch bei den Themen Afghanistan und Iran mit dem Westen an einem Strang zieht. Medwedew könnten gute Beziehungen zum Rivalen USA dienen, um auf lange Sicht die Integration in Europa zu beschleunigen. Im Inneren gibt es allerdings viele Kritiker seiner als zu „nachgiebig“ gesehenen Haltung gegenüber dem Westen. Manuela Rosenthal-Kappi


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