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17.07.10 / Geht’s auch mal ohne Filz?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

Geht’s auch mal ohne Filz?
von Harald Fourier

Sechs Jahre war die FDP nicht im Berliner Landesparlament vertreten, bis sie 2001 mit viel Rückenwind und einem Spitzenergebnis zurückkehrte. Die CDU hatte in den Augen vieler ihrer Wähler abgewirtschaftet, galt wegen des Banken­skandals als verfilzt und korrupt, viele Unionsanhänger wechselten zu den Liberalen. Das erste, was einige liberale  Kommunalpolitiker machten, kaum dass sie in den Bezirksverordnetenversammlungen angekommen waren, überzeugte indes wenig: Sie holten ihre Familienangehörigen nach, die dringend einen Job als Assistent oder Mitarbeiter brauchten. Und so begann die  Postenschieberei und Ämterpatronage aufs Neue, nur unter einem anderen Parteilogo.

So ist Politik. Die Saubermänner von heute sind die Postenschieber von morgen. Auch  der von SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit 2006 als „Hoffnungsträger“ aus Rheinland-Pfalz abgeworbene Schulsenator Jürgen Zöllner hat neuerdings ein Problem. Ihm wird Vetternwirtschaft vorgeworfen. Zöllner hat die landeseigene Albert-Einstein-Stiftung ins Leben gerufen, die Spitzenforschung an Hochschulen und anderen Forschungs­einrichtungen fördern soll. Mit anderen Worten: Es ist eine 33-Millionen-Euro-Stiftung zur Förderung dessen, was die geförderten Institutionen sowieso schon tun – so genau versteht daher niemand, wozu diese Stiftung eigentlich gut sein soll.

Den größten Nutzen hätte Zöllners Büroleiterin aus der Stiftung ziehen können, sollte sie doch den laut „taz“ mit 118000 Euro dotierten Posten als Geschäftsstellenleiterin bekommen. Doch dieser Karrieresprung kommt jetzt wohl nicht zustande, weil die Büroleiterin gleichzeitig die Freundin von Zöllner ist. Als sich das herumgesprochen hatte, gab es wütende Proteste von Abgeordneten. Selbst Parteigenossen von Zöllner schüttelten mit dem Kopf. Vor allem Finanzsenator Ulrich Nußbaum – vor einem Jahr aus Bremen nach Berlin gewechselt und an die Stelle von Thilo Sarrazin getreten – hat Zöllner nahegelegt, sich aus dem Stiftungsvorstand zurückzuziehen. Wegen Interessenkollision. Der partei­lose Nußbaum ist der neue Saubermann im rot-roten Senat.

Die SPD, die Berlin jetzt schon seit 21 Jahren in unterschiedlichen Konstellationen regiert, entfernt sich immer weiter von der Basis. Jürgen Zöllners jüngste Eskapade ist der neueste Beleg dafür. Kann Klaus Wowereit da noch lange zusehen? Der Bildungssenator ist am vergangenen Sonntag 65 Jahre alt geworden – damit gibt es schon zwei Gründe, warum er aufhören könnte. Gut denkbar, dass seine Tage als Senator gezählt sind.


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