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17.07.10 / 8. Mai bald Gedenktag? / Das Land Berlin startet Anlauf zu bundesweiten Befreiungsfeiern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

8. Mai bald Gedenktag?
Das Land Berlin startet Anlauf zu bundesweiten Befreiungsfeiern

Der 8. Mai soll zum „nationalen Gedenktag“ werden. Nach diesem mit rot-roter Mehrheit gefassten Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses will jetzt die aus SPD und „Linke“ bestehende Regierung ihr Vorhaben über den Bundesrat bundesweit durchsetzen. Initiator ist SPD-Innensenator Ehrhart Körting, die Idee selbst stammt von der „Linken“.

Körting nimmt in dem Antrag ausdrücklich Bezug auf die Rede des einstigen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (CDU) zum 40. Jahrestag des Kriegsendes 1985. Weizsäcker hatte damals zum ersten Mal aus offizieller deutscher Perspektive von dem „Datum von entscheidender historischer Bedeutung in Europa“ in der Gesamtbewertung als einem „Tag der Befreiung“ gesprochen. Kritiker dieser Deutung der deutschen Niederlage (und erst recht der immer stärkeren Rufe, am 8. Mai zu feiern) erinnern an die Vertreibungen und Vergewaltigungen sowie an das für viele Deutsche erst beginnende Unrecht in Folge der Besetzung Deutschlands. Trug die Weizsäcker-Rede diesen Erfahrungen noch Rechnung – Zitat: „der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern“ –, blendet der aktuelle Antrag Körtings diese Sicht weitgehend aus.

Anfang Mai hatte die Linksfraktion den Antrag im Berliner Abgeordnetenhaus eingereicht. Körtings Initiative beruht somit auf enger Abstimmung zwischen SPD und Linkspartei. Der Vorstoß dient über die Bundesratsinitiative als bundesweites Signal für jüngst in der Präsidentenwahl in Frage gestellte rot-rote Politik. Es ist der Versuch, ursprünglich rein linksextreme Sichtweisen für ganz Deutschland offiziell zu machen. Körting kann sich gewisse Hoffnungen machen, glauben doch jüngsten Medienumfragen zufolge inzwischen 80 Prozent der Deutschen, Deutschland sei am 8. Mai 1945 „befreit“ worden.

Mit diesem Vorstoß kann der umstrittene Senator sich und der SPD aber in jedem Falle Sympathien im linken Lager zurückerobern, das er in den letzten Monaten wegen der andauernden linksradikalen Übergriffe in Berlin zu kritisieren gezwungen war. Auch die Debatten um Sitzblockaden gegen genehmigte Demonstrationen unter Beteiligung von SPD-Politikern zum Gedenkmonat Mai erhalten mit dem neuen Vorstoß quasi höhere Weihen. Aus der Missachtung der Rechte anderer wird ein Dienst am „höheren Wesen“ deutscher Schuld, den Körting erklärtermaßen fördern will: „Nur wenn wir die Erinnerung an das Leid der Kriegsjahre und an die Opfer der Gewaltherrschaft wachhalten, bleibt uns bewusst, wie wichtig und zukunftsweisend Freiheit, Demokratie und Menschenrechte für uns sind.“ Dass mit „Opfer der Gewaltherrschaft“ Deutsche generell nicht gemeint sind, stellte der Senat bereits klar – eine CDU-Initiative, von sowjetischen Soldaten vergewaltigter Mädchen und Frauen zu gedenken, lehnte Rot-Rot ab. Dass die Opfer des NS-Regimes jedes Recht haben, sich befreit zu fühlen, bezweifeln Kritiker des aktuellen Gedenk-Ansatzes dagegen nicht – allein die Abkehr von den durchaus zwiespältigen Erfahrungen der damaligen deutschen Mehrheitsbevölkerung im Körting-Antrag steht zur Debatte und damit der geschichtspolitische Aufbruch in eine neue, noch einseitigere Erinnerung an das Jahr 1945.

Das neue Befreiungsgedenken, das die Idee von Feierlichkeiten unmittelbar in sich trägt, hat indes noch eine andere Schwachstelle: Es schreibt auch die Geschichte der alliierten Siegermächte um – von einer Befreiung Deutschlands war bei ihnen seinerzeit ausdrücklich nicht die Rede. Sverre Gutschmidt


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