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17.07.10 / »Das große Rennen rund um die Welt« / Das Vorbild des Spielfilms von Blake Edwards mit Tony Curtis und Jack Lemmon aus dem Jahre 1965 führte auch durch Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

»Das große Rennen rund um die Welt«
Das Vorbild des Spielfilms von Blake Edwards mit Tony Curtis und Jack Lemmon aus dem Jahre 1965 führte auch durch Ostpreußen

Es war das wohl aufsehenerregendste Sportereignis seiner Zeit; ein Wettkampf, der über die ganze Welt ausgetragen wurde. Die „New York Times“, „Le Matin“ aus Paris und die „B.Z. am Mittag“ waren an der Vorbereitung und Durchführung beteiligt. Sie berichteten fast täglich über das Ereignis:

Ein Autorennen um die Welt, von New York nach Paris, das so hart und beschwerlich war, dass die Hälfte der Teilnehmer das Ziel nicht erreichte. Von den am 12. Februar 1908 in New York gestarteten sechs Teams aus Deutschland, Frankreich, Italien und den USA kamen nur drei ins Ziel. Über 50 Jahr später wurde dem Spektakel durch Hollywood ein filmisches Denkmal gesetzt; 1965 erschien in den Kinos „Das große Rennen rund um die Welt“ mit Tony Curtis und Jack Lemmon. Die dortigen Darstellungen verschweigen aber ein wichtiges Detail des Rennens, die Etappe durch Ostpreußen.

Am Mittwoch, den 22. Juli 1908 schien es kurz vor halb neun abends, als wäre das kleine Grenzstädtchen Eydtkuhnen wie ausgestorben, bis auf den kleinen Grenzübergang. Dort hatte sich die ganze Bevölkerung des Ortes versammelt und wartete. Kurz zuvor war das von Oberleutnant Hans Koeppen geleitete deutsche Team mit einem Wagen der Berliner Protoswerke in Wirballen an der deutsch-russischen Grenze angekommen, um am Zollamt den Grenzübertritt zu beantragen. Die Visa wurden von den russischen Beamten ausgestellt und die wartenden Eydtkuhner sahen in der Ferne, wie ein verschmutzter Wagen sich der Grenze näherte. Als nunmehr Führender des Rennens wurden Koeppen und seine Begleiter in Eydtkuhnen mit großem Jubel begrüßt. Unter den Anwesenden waren Vertreter des Kaiserlichen Automobilclubs, des Ostdeutschen Automobilclubs und der Berliner Protoswerke; selbst preußische Offiziere der nahegelegenen Garnison waren erschienen.

Gestartet war das Team unter Oberleutnant Koeppen am 12. Februar in New York, um die wohl abenteuerlichste Fahrt aller Zeiten auf sich zu nehmen. Sie führte es durch den ganzen nordamerikanischen Kontinent über Chicago und Omaha an Salt Lake City vorbei bis zur pazifischen Hafenstadt Seattle. Zuerst war tatsächlich geplant, über die zugefrorene Beringstraße nach Asien zu gelangen, aber von diesem Vorhaben wurde zugunsten einer Schiffsüberfahrt abgesehen. Mit dem Frachtdampfer „Glenlogan“ verließ das deutsche Team Seattle und gelangte ins russische Wladiwostok. Weiter ging es durch das Reich des russischen Doppeladlers über Irkutsk und Moskau in die Hauptstadt Sankt Petersburg. Dort brach Oberleutnant Koeppen am 21. Juli früh morgens Richtung russisch-deutscher Grenze auf, welche er am darauf folgenden Tag gegen Sonnenuntergang erreichte.

Nach der abendlichen Ankunft in Eydtkuhnen und der überschwänglichen Begrüßung war jedoch keine Zeit für lange Feierlichkeiten, denn die Wettfahrt war ja noch nicht gewonnen. Die folgende Nacht war entsprechend kurz, um 5 Uhr des folgenden Morgens brach Koeppen mit seinen Begleitern wieder auf. Auf dem Weg nach Königsberg ging es durch die ostpreußische Provinz, man durchfuhr nacheinander die Städte Stallupönen, Gumbinnen, Insterburg, Wehlau und erreichte schließlich gegen 8 Uhr Königsberg. Im Gastraum des Deutschen Hauses wurden sie durch den Ostdeutschen Automobilclub mit einem Frühstück bewirtet. Nach einem anderthalbstündigen Aufenthalt in der ostpreußischen Hauptstadt ging die Fahrt weiter nach Berlin. Im Elbinger Hotel Königlicher Hof wurde die Mittagspause verbracht.

Das amerikanische Fahrerteam unter George Schuster, das neben dem weit zurückliegenden italienischen Team noch im Rennen war, erreichte Ostpreußen erst drei Tage später, am 24. Juli. Zu diesem Zeitpunkt startete Oberleutnant Koeppen in Berlin bereits Richtung Paris, dem Ziel der Wettfahrt. Koeppen erreichte nach fünfeinhalb Monaten und 21278 Kilometern am 26. Juli die französische Hauptstadt. Er wurde von der französischer Bevölkerung und der angereisten Presse als Sieger begeistert begrüßt. Sein amerikanischer Kontrahent traf erst vier Tage später in Paris ein. Dennoch wurde ihm nachträglich der Sieg zugestanden, da Koeppen in den USA einen zunächst erlaubten Bahntransport in Anspruch genommen hatte und daraufhin eine Zeitstrafe erhielt. Der auf den 2. Platz zurückgewiesene Koeppen war schwer enttäuscht, wurde aber in seiner Heimat dennoch wie ein Held gefeiert. Enrico Göllner


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