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17.07.10 / Eine Königin fürs Herz / Luisenmythos und mehr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

Eine Königin fürs Herz
Luisenmythos und mehr

Medial höchste Aufmerksamkeit erhielt die für ARTE und den NDR produzierte zweiteilige Dokumentation „Luise – Königin der Herzen“, deren Drehbuch Daniel Schönpflug entwarf und der dies in einem gleichnamigen Buch historiographisch fundiert niederschrieb. Beginnend mit dem im Sommer 1810 vom mecklenburgischen Schloss Hohenzieritz über Gransee und Oranienburg im Brandenburgischen nach Berlin ziehenden Leichenzug zeichnet der Historiker Schönpflug, der sich über hohenzollerische Heiratspolitik habilitiert hat, die eigentliche Geburtsstunde des Luisen-Mythos nach: Als bei der Ankunft des pietätvoll und erhaben verzierten Leichenwagens Zehntausende preußische Untertanen ihrer verstorbenen „Herzenskönigin“ in völligem Schweigen die letzte Ehre erwiesen. Schönpflugs Darlegungen weisen ihn als Kenner neuzeitlicher Fürstenhäuser und der Gepflogenheiten an den europäischen Höfen aus, indem er detailreich und plastisch die aristokratische Lebenswelt wiederauferstehen lässt und dem Leser – stets wissenschaftliche Standards wahrend – die sozialgeschichtliche Umwelt Luises näherbringt. In einer von Sturm und Drang, Romantik und Klassizismus geprägten Epoche reifte die mit Anmut und Schönheit gesegnete Kronprinzessin zu einer faszinierenden, zutiefst patriotischen und zeitlebens sanftmütigen Königin Preußens.

Schönpflugs Ansatz, die preußische Herzenskönigin in den Kontext der höfischen Welt um 1800 zu stellen, eröffnet eine neue Perspektive auf die Lebenswelt Luises und zeigt illustrativ auf, wie die junge Königin im Anblick der existentiellen Katastrophe von 1806 über sich hinauswuchs und der Mythos „Luise“ bereits zu deren Lebzeiten begründet wurde. Gleichwohl verharrt der Autor trotz der Bekundungen, eine im Rankeschen Sinne objektive und aus der Epoche erklärende Geschichtsschreibung zu betreiben, in den Denkschablonen einer politisch korrekten Historienbildung. Deutlich wird dies an Schönpflugs vergeblichem Versuch, den Luisenmythos aus der Vorstellungswelt heutiger Generationen zu rekonstruieren und rational erklären zu wollen.

Insgesamt gelingt dem Verfasser eine facettenreiche, mentalitäts-, wirkungs- und rezeptionsgeschichtliche sowie sozial- und politikhistorische Elemente vereinende Darstellung, die aus den Publikationen zu Luises 200. Todestag am 19. Juli positiv herausragt und mit methodischen sowie geschichtswissenschaftlich adäquaten Standards aufwartet. Den Mythos Luise als „Königin der Herzen“, „preußische Madonna“ und „Urbild des Weiblichen“ zu erklären, vermag Schönpflug nicht.

Das Gedenken an den frühen Tod der postum als „Schutzheilige der Deutschen“ verehrten Königin gibt Anlass, die für Luise stets Maßstab ihres Handelns bildenden, urpreußischen Tugenden in Erinnerung zu rufen: „Üb immer Treu und Redlichkeit“ – auch heute!    Sebastian Pella

Daniel Schönpflug: „Luise von Preußen – Königin der Herzen“, Verlag C.H. Beck, München 2010, geb., 286 Seiten, 19,95 Euro


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