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31.07.10 / Plebiszit: Was sagt unser Grundgesetz?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Plebiszit: Was sagt unser Grundgesetz?

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland kommen plebiszitäre Elemente nur an drei Stellen vor. Zunächst heißt es in Art. 20: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

Konkreter wird das GG in Art. 29: „Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören ... Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll.“

Schließlich bestimmt Art. 146: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Ursprünglich war diese neue, in einer Volksabstimmung zu bestätigende Verfassung für den Fall einer Wiedervereinigung gedacht. Dem war die Regierung Kohl/Genscher 1990 aus dem Wege gegangen, indem sie die Teil-Wiedervereinigung staatsrechtlich als Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 Grundgesetz vollzog.

Anders als der Bund räumen alle 16 Bundesländer dem Plebiszit Verfassungsrang ein. In Ausführungsgesetzen treten sie – nicht immer erfolgreich – der Gefahr entgegen, dass die Initiatoren Volksentscheide beispielsweise durch Fragestellung oder Terminwahl manipulieren können.H.J.M.

 

Zeitzeugen

Perikles – Der Athener Staatsmann (490−429 v. Chr.) war, wie der zeitgenössische Geschichtsschreiber Thukydides schrieb, „gleich mächtig im Reden wie im Handeln“. Als Militärstratege sicherte er Athens führende Position nach außen ab, stärkte die innenpolitische Dominanz der Volksversammlung und war zugleich der bedeutendste politische Förderer der klassischen Kunst, Architektur und Dichtung. Dank seiner herausragenden rhetorischen Fähigkeiten gelang es ihm immer wieder, das höchste Beschlussorgan der attischen Demokratie auch von unpopulären Maßnahmen zu überzeugen. So hat er wie kein anderer die erste direkte Demokratie der Welt geprägt.

Theodor Heuss – Der liberale Politiker (1884−1963) war von 1924 bis 1928 und von 1930 bis 1933 Abgeordneter des Reichstags. In der NS-Zeit war er journalistisch tätig. Nach Kriegsende lehrte er als Professor für Geschichte in Stuttgart. 1948 entsandte die FDP ihn in die Parlamentarische Versammlung. Hier trug er Bedenken gegen direkte Mitsprache des Volkes vor, mit Hinweis auf „Weimarer Verhältnisse“. Kritiker des späteren Bundespräsidenten meinen jedoch, damit habe er eher von seinem Versagen als Parlamentarier ablenken wollen – am 23. März 1933 hatte Heuss gegen seine eigene Überzeugung der Fraktionsdisziplin folgend Hitlers Ermächtigungsgesetz zugestimmt.

Beatrice von Weizsäcker – Die 51-jährige Tochter des Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker ist zwar Vorstandsmitglied der Theodor-Heuss-Stiftung, setzt sich aber – im Gegensatz zu deren Namensgeber – für Plebiszite auf Bundesebene ein. In der „SZ“ erklärte sie, es sei „an der Zeit, mehr Demokratie zuzulassen. Wir Bürger können sehr wohl sachorientierte Fragen beantworten – mehr noch: Es steht uns zu.“

Hans-Jürgen Papier – Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, geboren 1943, fordert „mehr politische Gestaltungsmacht“ für das Volk, etwa ein Initiativrecht zur Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens nach dem Muster des Lissabon-Vertrags, der in diesem Punkt von Deutschland – ansonsten ja gern Europas Musterschüler – bislang nicht umgesetzt wurde.


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