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31.07.10 / Riskante Risikovermeidung / Basel III soll die Eigenkapitalausstattung der Banken verbessern − Geld wird Wirtschaft entzogen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Riskante Risikovermeidung
Basel III soll die Eigenkapitalausstattung der Banken verbessern − Geld wird Wirtschaft entzogen

Laut Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gefährdet das geplante neue Regelwerk für Banken „Basel III“ weltweit 9,7 Millionen Arbeitsplätze. Das ist wohl übertrieben, dennoch sind seine Äußerungen kein reines Lobby-istengeschrei.

Ziemlich offenherzig hat Jochen Sanio, der Chef der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), ausgeplaudert, dass der „Stresstest“ an 91 europäischen Kreditinstituten vor allem der Beruhigung der Finanzmärkte gedient habe. Doch  die Reaktion der Börsen auf die Testergebnisse hat das nicht mehr beeinflusst. Schließlich hatten Analysten weltweit schon vor der Verkündung der weitgehend positiven Resultate bekundet, dass der Test und seine Szenarien harmlos seien. Die sieben Banken, die dennoch durchgefallen waren, galten schon vorher als dem Ende nahe. Da wurden „Leichen für tot erklärt“, so das Credo an den Märkten, um dafür alle anderen Banken stabiler aussehen zu lassen. Und so ignorierten institutionelle wie private Anleger an den Börsen am Montag nach diesem Test weitgehend dessen Ergebnisse.

Momentan verläuft die Wirtschaftsentwicklung positiv und daher schlagen sich selbst angeschlagene Banken passabel. Doch weder ist die Konjunktur schon weltweit stabil noch sind alle faulen Wertpapiere aus den Bankbilanzen entsorgt. Hinzu kommt, dass die Bankenkrise Defizite in der Absicherung von Risikogeschäften offenbart hat, die behoben werden müssen. Die Eigenkapitalausstattung der Banken muss verbessert werden, woran derzeit der Basler Ausschuss, ein Gremium der weltweit wichtigsten Bankenaufseher arbeitet.

Basel III soll das für September erwartete Reformpaket heißen, wie es genau aussehen soll, ist bisher erst in groben Zügen an die Öffentlichkeit gedrungen. Doch der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, warnt schon jetzt vor dem Verlust von 9,7 Millionen Arbeitsplätzen weltweit. Dass der Baseler Ausschuss auch aufgrund der Äußerungen des überaus selbstbewussten Großbankers seine Entwürfe für Basel III bereits wieder entschärft hat, liegt auf der Hand. Denn auch wenn Ackermann wohl etwas übertrieben hat, ist nicht zu leugnen, dass mit der Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften für Banken auch Arbeitsplätze in Gefahr sind. Denn die Mittel, die die Banken mit Inkrafttreten von Basel III zur Absicherung ihrer Risiken zusätzlich vorhalten müssen, müssen zuvor dem Wirtschaftskreislauf entzogen werden.

Bisher gibt es drei Sorten von Eigenmitteln. Hiervon muss das  modifizierte haftende Eigenkapital mindestens acht Prozent der mit Risiken behafteten Forderungen betragen. Doch das bedeutet nicht, dass dieses Geld auch wirklich der Bank respektive ihren Aktionären gehört. Nur das Kernkapital, das sich weitestgehend aus Aktien, Rücklagen und Gewinnen zusammensetzt − für Genossenschaftsbanken und Sparkassen existieren Sonderregeln −, ist selbst eingebracht. Dieser Teil muss mindestens die Hälfte der acht Prozent Eigenkapital ausmachen. Schon bei dem die andere Hälfte ausmachenden Ergänzungskapital handelt es sich um Kundengelder, die beispielsweise in Form von Genussscheinen und Inhaberschuldverschreibungen bei der Bank für mindestens fünf Jahre angelegt sind und bei denen im Konkursfall diese Anleger erst nach allen anderen Gläubigern ihre Ansprüche geltend machen können. Bisher dürfen Banken die Marktrisiken aus ihrem eigenen Handelsbuch, das der kurzfristigen Gewinnerzielung dient, über Drittrangmittel absichern. Hierbei handelt es sich um kurzfristige Anlagen mit Nachrangverbindlichkeit mit einer Laufzeit von unter zwei Jahren und dem Nettogewinn aus dem Wertpapierhandel.

Geplant ist nun, die Quote des echten Kernkapitals zu erhöhen, die Definition des Ergänzungskapitals enger zu fassen und die Drittrangmittel zur Absicherung von eigenen Marktrisiken nicht mehr zuzulassen. Außerdem sollen Eigenmittel von Tochter- und Enkelgesellschaften nicht mehr mit angerechnet werden, schließlich stehe das Geld im Krisenfall nicht zur Verfügung.

Womit man wieder bei Josef Ackermann ist. Den freut es nämlich gar nicht, dass er laut Basel III dann das im 30-Prozent-Anteil der Postbank gebundene Kapital der Deutschen Bank nicht mehr bei sich anrechnen kann. Dafür wird aber im Basel-III-Ausschuss diskutiert, inwieweit die Risiken von Bankenbeteiligungen bei der Mutterbank berücksichtigt werden sollen, was erst recht nicht nach Ackermanns Geschmack ist.

Aber der Deutsch-Banker ist nicht der einzige, der Basel III nicht gutheißt. Auch Bundesbankchef Axel Weber, der selbst an Basel III mitarbeitet, ist mit den bisherigen Vorschlägen nicht glücklich. Deutsche Besonderheiten, vor allem die vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, würden nicht berücksichtigt. Eben weil es sich um eine Besonderheit handelt, steht Weber mit diesem Einwand ziemlich alleine da. Zudem wissen alle im Baseler Ausschuss involvierten Notenbanker, wie schwierig es für die Banken sein dürfte, derzeit neues, teures Kernkapital hereinzubekommen. Wenn plötzlich alle Kreditinstitute in den kommenden beiden Jahren ihr Aktienkapital am Markt aufstocken müssen, machen sie sich nicht nur gegenseitig  Konkurrenz, auch verlieren Bankaktien an Attraktivität. Je mehr Aktien einer Bank im Umlauf sind, desto mehr verwässert sich die Dividende des Anlegers, wenn der Gewinn der Bank nicht im selben Maße steigt. Hinzu kommt, dass die instabile Weltkonjunktur derzeit kaum Prognosen für die nächsten Jahre zulässt. Und Banken, die ihre Risiken mit mehr Eigenkapital unterlegen müssen, scheuen diese. Doch manches Unternehmen kann Investitionen nur tätigen, wenn es eine Bank im Hintergrund hat, die  bereit ist, ein Risiko einzugehen. Noch dramatischer sind die Folgen für strauchelnde Unternehmen, die Liquidität benötigen, um Arbeitsplätze zu halten. Doch Kredite an Unternehmen mit schlechter Bonität müssen künftig mit mehr Eigenkapital unterlegt werden, was so manche Bank von einem Engagement abhalten dürfte. Basel III könnte also, da in den Nachwehen der Banken- und Wirtschaftskrise eingeführt, trotz all seiner Sinnhaftigkeit so gefährlich sein, als wenn man mitten im Sturm ein Dach neu decken wollte.            Rebecca Bellano


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