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31.07.10 / Strafzoll statt Wettbewerb / Russland will »Glonass« vor Konkurrenz schützen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Strafzoll statt Wettbewerb
Russland will »Glonass« vor Konkurrenz schützen

Mit aller Macht drängt Moskau auf den Markt der Satellitennavigation. Das Prestigeobjekt „Glonass“, die russische Entsprechung zum amerikanischen GPS oder dem europäischen Galileo, soll Anfang 2011 in den kommerziellen Betrieb gehen. Die fehlenden Satelliten sollen im September ins All befördert werden. Obwohl Ministerpräsident Wladimir Putin den Ausbau von Glonass bereits 2008 zu einem der vordringlichsten Projekte erklärte und dafür umgerechnet 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellte, kommt die Umsetzung nicht so recht voran. Immer wieder gibt es Verzögerungen und Rückschläge.

Erst mit zwei Tagen Verspätung erfuhr die Öffentlichkeit von einem Zwischenfall beim Transport einer russischen Trägerrakete vom Typ Proton-M. Der Zug, der die Rakete von ihrem Produktionsort bei Moskau zum Kosmodrom Baikonur nach Kasachstan bringen sollte, stieß im Bahnhof Dubenki im Gebiet Uljanowsk mit einem entgegenkommenden Schwertransport zusammen. Es handele sich um ein „Wirtschaftsgeheimnis“, die Rakete habe keinen Schaden genommen und sei zudem versichert, war das einzige, was Journalisten in Erfahrung bringen konnten. Wie ernst der Vorfall jedoch war, beweist die Tatsache, dass neben der örtlichen Polizei und den Verantwortlichen der Eisenbahngesellschaft auch Spezialisten der Produktionsfirma GKNOPUZ Chrunitschew und FSB-Funktionäre an den Unfallort geeilt waren.

Technisch basiert Glonass auf ähnlichen Prinzipien wie GPS.  Entwickelt wurden die beiden Systeme während des Kalten Krieges aus militärischen Gründen. Wie GPS benötigt Glonass zum Regelbetrieb 24 Satelliten. Der Vollausbau mit 21 Standard- und drei Reservesatelliten wurde 1996 erreicht, doch wegen Qualitätsmängeln waren schon fünf Jahre später nur noch sieben der Satelliten einsatzbereit. Seitdem haben die Russen intensiv an der Verlängerung der Lebensdauer ihrer Satelliten gearbeitet. Ihre Zahl soll bis 2011 auf 30 erhöht werden.

Weil die heimische Industrie Probleme bei der Entwicklung kompakter Chips und Endgeräte hat, will Putin bereits im kommenden Jahr Einfuhrhürden für Handys und Notebooks von Herstellern aus dem Westen verhängen, falls diese sich nicht verpflichten, einen Glonass-Chip in ihre Geräte zu installieren. Dies dürfte problematisch werden, denn die russischen Chip-Karten gibt es zwar in ausreichender Zahl, nur sind sie für alle gängigen Handys zu groß.

Von Importzöllen auf GPS-Empfänger oder dem Lizenzentzug für Geräte ohne die entsprechende Technologie wären in erster Linie Konzerne wie Nokia, Apple und Motorola betroffen, die bislang am Wachstumsmarkt Russland als reine Exporteure agieren. Experten vermuten, dass Putin die Hersteller zur Teilverlagerung ihrer Produktion ins Land zwingen will, woran diese aber kaum interessiert sein dürften, da sie in Fernost günstiger produzieren können. Mit dem Bau eines eigenen Kosmodroms in Uglegorsk an der chinesischen Grenze will Russland zudem seine führende Stellung auf dem Markt für Raketenstarts behaupten.       M. Rosenthal-Kappi


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