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31.07.10 / Milchmädchenrechnung / Schäuble will Ökosteuer-Rabatt für energieintensive Industrie kürzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Milchmädchenrechnung
Schäuble will Ökosteuer-Rabatt für energieintensive Industrie kürzen

Der Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Vergünstigungen bei der Ökosteuer zusammenzustreichen, stoßen beim Koalitionspartner FDP wie auch in der betroffenen Wirtschaft auf entschiedenen Widerstand. Manche Unternehmen müssten nach Schäubles Vorschlag bis zu zehn Mal mehr Ökosteuer zahlen als bislang, moniert das Wirtschaftsministerium unter der Führung von Rainer Brüderle (FDP).

Das räumt das Finanzministerium ein, verweist aber darauf, dass es sich ohnehin um sehr geringe Beträge handele. Würde der Steuernachlass von derzeit 97 Prozent auf gut 80 Prozent reduziert, müsse ein Unternehmen mit Milliardenumsatz statt bislang 300000 eben drei Millionen Euro zahlen. Dafür reiche immer noch die Portokasse.

Falsch, entgegnet Ulf Gehrckens, Energie-Manager beim Kupferverhütter Aurubis, der in Hamburg die europaweit größte Kupferhütte betreibt, gegenüber der PAZ. Man stehe im internationalen Wettbewerb mit mächtigen Konkurrenten in China oder Indien, wo es überhaupt keine Ökosteuer gebe. Die Preise für das Metall würden zudem an der Londoner Kupferbörse für alle gleich ermittelt, man könne erhöhte Produktionskosten also nicht an die Kunden weiterreichen. „Die Energiekosten machen rund 30 Prozent unserer Produktionskosten aus. Wenn sich die jetzt erhöhen, können wir das Geld nur bei den Löhnen oder den Investitionen einsparen. Will die Politik das?“, fragt Gehrckens.

Der vom Finanzminister ins Feld geführte Milliardenumsatz täusche gewaltig über die reale Gewinnsituation eines Unternehmens wie Aurubis hinweg. Das zu verarbeitende Material sei schon im Einkauf sehr hochpreisig, die Gewinnspanne im Vergleich zum Umsatz daher recht mager. Der Umsatz sei bei Aurubis rein metallpreisgetrieben und sage über den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens fast nichts aus.

Der Löwenanteil der Einnahmen der 1999 eingeführten Steuer fließt in die Rentenkasse. Damit sollte der Faktor Arbeit vom  Druck wachsender Lohnnebenkosten entlastet und gleichzeitig zu geringerem Energierverbrauch ermuntert werden. Um naturgemäß energieintensiv produzierende Unternehmen aber nicht aus dem Land zu jagen, wurden ihnen erhebliche Rabatte gewährt.

Ulf Gehrckens sieht in dem Schäuble-Vorstoß, die Rabatte zu kürzen, einen Vertrauensbruch: Seinerzeit sei den Untnehmen zugesichert worden, dass bis 2012 nicht am Rabatt gerüttelt werde. Die erhoffte ökologische „Lenkungswirkung“ des Gesetzes sei dabei ohnehin fraglich: „Wer wie wir gut 30 Prozent seines Etats für Energie ausgeben muss wegen der aufwendigen Verhüttungsverfahren, der denkt ständig darüber nach, wie er diesen Kostenpunkt mindern kann, mit oder ohne Ökosteuer.“ Außerdem flössen 30 bis 40 Prozent der Energieausgaben in den Umweltschutz, etwa für den Betrieb moderner Filteranlagen.

Auribis fürchtet, dass der Schäuble-Vorstoß nur der erste Schritt sei. Nach Art der Salamitaktik würde bald die nächste Rabattstreichung folgen, wenn jetzt nicht eingeschritten werde.    Hans Heckel


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