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31.07.10 / Hessen-Kassel verloren, aber Westfalen verteidigt / Bei Warburg gelang Friedrichs II. Verbündetem Herzog Ferdinand ein Sieg, mit dem der Besiegte leben konnte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Hessen-Kassel verloren, aber Westfalen verteidigt
Bei Warburg gelang Friedrichs II. Verbündetem Herzog Ferdinand ein Sieg, mit dem der Besiegte leben konnte

Preußen sollte im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) eingekreist werden: vom Süden durch die österreichische Armee, von Osten durch die Russen und von Westen durch die Franzosen. Die Truppen Ludwigs XV. erlitten jedoch am 5. November 1757 eine Niederlage gegen Friedrich den Großen und auch in den folgenden beiden Kriegsjahren schafften sie es nicht, bis zur Elbe vorzurücken. 1760 riefen sie dann zum Jahr der Entscheidung aus, und sie hatten einen entscheidenden Sieg angesichts ihrer bisherigen Niederlagen im gleichzeitig laufenden Kolonialkrieg gegen die Briten auch bitter nötig.

Der fähige Marschall Victor-François de Broglie übernahm das Kommando mit dem Auftrag, das in Personalunion mit Preußens Verbündeten Großbritannien verbundene Kurfürstentum Hannover als Faustpfand für die ersehnten Friedensverhandlungen zu besetzen. Auf preußischer Seite stand Herzog Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel mit Truppen aus seinem Herzogtum, Lüneburg und der Landgrafschaft Hessen-Kassel sowie einigen britischen Einheiten. Er hatte etwa 66000 Mann zur Verfügung, sein Gegner über 100000.

Der Herzog erwartete den französischen Hauptangriff vom Niederrhein aus, von wo ein Korps herankam, und stieß daher nicht mit aller Kraft von Kassel aus nach Süden vor, um dort Broglie selbst anzugreifen, bevor der seine numerische Übermacht beisammen hatte. Ein Versuch, die Vereinigung der beiden französischen Heere zu vereiteln, schlug am 10. Juli im Gefecht bei Korbach fehl.

Da der Herzog nun nach Westfalen abrücken wollte, um seine dortigen Magazine zu schützen, sandte de Broglie eine Abteilung unter Louis Nicolas Victor de Félix d’Ollières los, um dem Feind den Übergang über den Fluss Diemel zu sperren. Dafür musste Warburg als Brückenkopf besetzt werden. Am 29. Juli kam Félix d’Ollières mit etwa 20000 Mann dort an und schob Vorposten über die Diemel hinaus nach Ossendorf vor. Das wurde zum Wettlauf mit den nach Nordwe­sten eilenden Truppen des Herzogs, denen die Franzosen in die linke Flanke zu fallen drohten.

Der Herzog entschloss sich, mit den 18000 Mann, die er vorerst beisammen hatte, Félix d’Ollières unverzüglich anzugreifen, denn hätte er gezögert, dann hätte der Feind seine ganze Übermacht zusammengezogen. Am 31. Juli kam es so zur Schlacht.

Die Franzosen standen auf dem Höhenrücken, der sich ungefähr parallel zur Diemel erstreckte, um die von Nordosten anmarschierenden Verbündeten abzufangen. Zentrale Stellung dort war der Heinberg, den die Franzosen zu besetzen versäumt hatten, und um den ab 13 Uhr der Kampf entbrannte. Auf der linken Flanke der Franzosen griffen die Lüneburger und Hessen an. Als zwei britische Regimenter Kavallerie nachrückten, begannen die Franzosen zu weichen. Der Herzog schickte weitere britische Kavallerie-Einheiten voran, um den Erfolg zum schlachtentscheidenden zu machen und weil seine Infanterie nicht schnell genug zum Nachstoß heran sein konnte. Gegenangriffe der französischen Reiter wurden zurückgeschlagen, woraufhin auch die Infanterie zu weichen begann. Einzelne Einheiten wurden eingekesselt und aufgerieben, andere gaben sich gefangen. Félix d’Ollières konnte nur noch Reste seiner Truppen über die Diemel retten, Warburg war nicht zu halten, Des Herzogs Kavallerie setzte die Verfolgung der Geschlagenen bis zum Abend fort. Die Verluste der Franzosen waren mehr als dreimal so hoch wie die ihrer Gegner.

Nun erst kam de Broglie mit der Hauptmacht heran. Ferdinand hatte taktisch gesiegt, aber nur, um seinen strategischen Rückzug nach Westfalen zu sichern. Schon vor der Schlacht war abgesprochen worden, dass die Verbündeten nach ihr Kassel räumen würden. Die Franzosen besetzten auch noch die Festung Göttingen. Und da de Broglie damit einen guten Teil des Feldzugsziels erreicht hatte, verlor er wegen der Niederlage seines Untergebenen nicht das Oberkommando.

Wie auf der Seite Frankreichs war auch für jene des Herzogs das Ergebnis ambivalent: Der Verlust Hessens wog schwer, aber dafür war Westfalen noch nicht verloren.       Bernd Rill


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