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31.07.10 / König Überall / Neue Biographie betont die Vielseitigkeit von Friedrich dem Großen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

König Überall
Neue Biographie betont die Vielseitigkeit von Friedrich dem Großen

Jährliche Inspektionsreisen gehörten für Friedrich den Großen zum selbstverständlichen Bestandteil seiner Regierungstätigkeit. Bis ein Jahr vor seinem Tod hat er das zerklüftete Staatsgebiet bereist, von Königsberg bis Kleve, fast jedes Jahr Schlesien. Die Notablen erwarteten ihn mit Bewunderung und geheimer Furcht – Bewunderung für den großen König und Furcht, weil nur zu oft herbe Kritik und ätzender Spott sie treffen konnten, lief etwas nicht so wie zuvor befohlen.

Würde Friedrich heute seine Reisen machen, würde am Wege auch der emeritierte Berliner Zeithistoriker und Landeskundler Gerd Heinrich (geb. 1931) stehen. Er würde den König grüßen, nicht devot, aber doch voll Ehrfurcht, denn er ist ein wirklich großer Bewunderer Friedrichs. Seine unlängst erschienene Biographie des Königs ist dafür beredtes Zeugnis.

In dem ungemein komprimiert geschriebenem Buch geht Heinrich nur teilweise biographisch vor; vermehrt rückt er – seit dem Regierungsantritt 1740 – Sachthemen in den Vordergrund, wobei ihm seine geradezu stupende  Kenntnis von Zahlen und Fakten zum Preußen der Neuzeit insgesamt überaus zugutekommt. Natürlich ist das sehr genau und   vielfach in kleinste Details gehende Kapitel über Friedrichs Kriege das längste, vielleicht auch das „spannendste“, aber der Schwerpunkt liegt doch auf den Friedensjahren und damit recht eigentlich auf Friedrichs Regierungsarbeit und Regierungstätigkeit.

Was man natürlich in etwa weiß, das wird von Heinrich geradezu akribisch ausgebreitet. Der König hat sich buchstäblich um alles in seinem Staat gekümmert: Er schuf geordnete Finanzen, trieb die Entwicklung der Landwirtschaft voran, ebenso die Urbarmachung weiter Landstriche an der Oder (Oderbruch) oder weiter im Osten, sorgte sich um die Ansiedlung von Kolonisten, versuchte die Bauern aus der in manchen Gegenden noch geradezu mittelalterlichen Leibeigenschaft von den Gutsherren zu befreien, war in Sachen Rechtswesen ein vielbewunderter Reformer (Abschaffung der Folter, religiöse Toleranz) und war – das sind vielleicht die eindringlichsten Kapitel des Buches – geradezu ein Wirtschaftsreformer mit dem Ziel eines Versorgungsstaates im durchaus modernen Sinne. Heinrich spricht überzeugend von einem „Wirtschaftskönig“, der gleichwertig neben dem großen Militärführer und dem „Philosophen von Sanssouci“ steht.

Hält man sich vor Augen, wie umstritten der Preußenkönig lange Zeit in der deutschen Geschichtswissenschaft war – es liegt ja noch gar nicht weit zurück, dass eine Verbindung von Luther über Friedrich und Bismarck zu Hitler gezogen wurde –, so überraschen die rundweg positiven Darstellungen aus jüngster Zeit doch etwas. Das begann schon mit dem Buch der DDR-Historikerin Ingrid Mittenzwei, setzte sich fort in der vor sechs Jahren erschienenen vielgerühmten Friedrich-Biographie des Historikers Johannes Kunisch und gipfelt nun vorerst in diesem Buch von Gerd Heinrich. Jedes Buch setzt den Akzent anders: Frau Mittenzwei „befreit“ den König aus den engen Scheuklappen kommunistischer Prägung; Kunisch setzt mit ebenso nüchternem wie einnehmenden Erzählton das Gewicht etwas stärker auf europäische Staatengeschichte, während eben Heinrich sehr in die alltägliche Regierungs-, Planungs- und Koordinierungstätigkeit des sich dabei völlig verausgabenden Königs geht.

Weniger als bei den Vorgenannten ist bei Heinrich Kritik an seinem Helden zu finden; rundweg dominiert Anerkennung, ja Bewunderung für dessen unermüdliches Schaffen. So kommt es, dass Andersdenkende mitunter mit Ironie und bissigem Spott überzogen werden („Histörchen-Fabrikanten“, „Außenseiter der Geschichtsbetrachtung“); Kunisch wird unterstellt, er sehe Friedrich als einen „Mann mit zwei Glasaugen“; das ist unsachlich, das müsste nicht sein.

Aber das sind zum Glück Dinge am Rande. In summa: Das Buch eines aufgeklärten preußischen Patrioten über den aufgeklärtesten Herrscher im Absolutismus des 18. Jahrhunderts. „Ich bin der erste Diener meines Staates“, das war Friedrichs Maxime, an die er sich zeitlebens gehalten hat. Dirk Klose

Gerd Heinrich: „Friedrich II. von Preußen – Leistung und Leben eines großen Königs“, Duncker & Humblot, Berlin 2009, gebunden, 504 Seiten, 39,90 Euro


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