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07.08.10 / Nichts aus teuren Fehlern gelernt / Zwei Bundesminister wollen noch mehr Zuwanderung – angeblich gegen den Fachkräftemangel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Nichts aus teuren Fehlern gelernt
Zwei Bundesminister wollen noch mehr Zuwanderung – angeblich gegen den Fachkräftemangel

Die deutsche Politik streitet um die Zuwanderung. Lehren aus den Fehlern bei der Anwerbung der Gastarbeiter in den 60er und 70er Jahren scheinen nur wenige gezogen zu haben. Bundeskanzlerin Merkel ließ die absurde Debatte mehrere Tage laufen, bevor sie schließlich über einen Sprecher ablehnend Position bezog.

Den Anfang hat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) mit wenig qualifizierten Aussagen zur kulturellen Bereicherung durch Zuwanderer gemacht. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wiederholte den Dauer-Wunsch der Wirtschaft nach billigen Arbeitskräften und will „Fachkräfte“ ausgerechnet mit einer „Lockprämie“ anwerben. Nicht konkret wurde er bei der entscheidenden Frage, ab welcher Qualifikation ein Zuwanderungswilliger denn eine „Fachkraft“ ist und ob die Integrationswilligkeit und -fähigkeit künftig noch eine Rolle spielen soll.

Annette Schavan hatte sich direkt verplappert: Sie ist eine politisch korrekte Bewunderin der Kulturbereicherung durch Muslime. Sie sage „klipp und klar“, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Bei jungen Türken sieht sie einen „ähnlichen Ehrgeiz und Aufstiegswillen, wie wir es von der deutschen Nachkriegsgeneration kennen“, erklärte sie offenbar ohne Angst vor Spott und Häme. Menschen mit Migrationshintergrund seien „ein wichtiger Teil unserer bunten Republik. Sie bereichern unser Land, wir brauchen sie.“

Man darf Frau Schavan als Sommerlektüre das Buch der verstorbenen Berliner Richterin Kirsten Heisig über die Zustände in dem von „Kulturbereicherern“ dominierten Berliner Stadtteil Neukölln ans Herz legen – Ghettobildung, Kriminalität, Parallelgesellschaft. Schavan aber will weiter Fakten in Richtung Überfremdung schaffen. Sie fordert die freie Zuwanderung von „Fachkräften“ und leichte Visa-Vergabe. Die Einkommens-Untergrenze für Zuzügler soll nach dem Willen Schavans abgeschafft werden.

Damit war eigentlich schon die Katze aus dem Sack. Denn natürlich steht Deutschland im internationalen Wettbewerb um Hoch- und Höchstqualifizierte. Dass wir diesen Wettbewerb so oft verlieren, hängt eng mit einem überbordenden Sozialstaat zusammen, dessen Kehrseite eine im internationalen Vergleich fast einzigartig hohe Belastung von Leistungsträgern mit Steuern und Abgaben ist. Wer dennoch der weiteren Zuwanderung von Geringqualifizierten das Wort redet, verschärft dieses Problem sogar noch.

Schavan hat sich damit all jenen angeschlossen, die ignorieren oder schönreden, welche enormen Kosten misslungene Integration oder die Zuwanderung von Geringqualifizierten nach sich ziehen. Erinnert sei nur an die Belastung, die Sozialsysteme, Polizei und Gerichte bereits jetzt durch Bildungsversager aus dem türkisch-arabischen Raum haben. Der SPD-Politiker Thilo Sarrazin hat aus seiner Kenntnis der Verhältnisse in Berlin heraus mehrfach mit klaren Worten diese Probleme beim Namen genannt.

Zwar trifft es zu, dass speziell der Maschinenbau unter Fachkräftemangel leidet. Allein in der Metall- und Elektroindustrie fehlen rund 30000 Ingenieure. Bundesweit fehlen 20000 Lehrer, vor allem in Naturwissenschaften. Doch können diese Lücken durch verstärkte Zuwanderung kaum geschlossen werden, denn diese Zuwanderer kämen erfahrungsgemäß vor allem aus islamischen Ländern und der Dritten Welt, was genau die Probleme verstärken würde, die die Bundesregierung mit „Integrationsgipfeln“ mühsam und mit begrenztem Erfolg aufzuarbeiten versucht.

Formale Qualifikationen speziell von Zuwanderern aus Drittweltstaaten sind in Deutschland oft nicht viel wert, weil die Ausbildungssysteme kaum mit dem hiesigen vergleichbar sind. Ingenieure aus Afrika? Physiklehrer aus Arabien? Nicht umsonst schicken die Eliten dieser Länder ihre Kinder gern nach Europa zur Ausbildung und zum Studium. Ohnehin wäre es rücksichtslos, die schmale Schicht an Hochqualifizierten in diesen Ländern durch eine offensive Abwerbepolitik weiter auszudünnen.

Besonders aus exkommunis­tischen Industriestaaten wie Polen, Rumänien oder Russland leben bereits viele Tausend integrationswillige Menschen in Deutschland, deren tatsächliche Qualifikation und Berufserfahrung bisher oft nicht anerkannt wird. Ingenieure arbeiten als Taxifahrer oder Pizzabäcker, Naturwissenschafts-Lehrerinnen als Putzfrauen. Diese Menschen gilt es entsprechend ihrer meist soliden Kenntnisse und Fähigkeiten richtig zu bewerten, eventuell nachzuqualifizieren und dann an der richtigen Stelle in den deutschen Arbeitsmarkt einzugliedern – das brächte Zigtausende von tatsächlichen Fachkräften.

Außerdem herrscht ab Mai 2011 in der EU endgültig die volle Freizügigkeit von Arbeitnehmern. Die war 2004 bei der Osterweiterung der EU noch aufgeschoben worden. Experten schätzen das Potenzial an Arbeitskräften, die aus den EU-Staaten nach Deutschland kommen könnten, auf bis zu 40 Millionen. Das müsste ausreichen, um jeglichen Fachkräftemangel zu beenden.

Zur Einwanderungsdebatte schrieb die „FAZ“ treffend: Brüderle solle die Wirtschaft auch einmal darauf aufmerksam machen, dass die Erfüllung kurzfristiger Wünsche den langfristigen Wünschen oft zuwider läuft. So müsse die Wirtschaft heute noch mit hohen Sozialabgaben und Steuern die Folgen der Gastarbeiteranwerbung aus den 60er Jahren tragen. Wie es scheint, haben Deutschland und seine Wirtschaft seitdem nicht sehr viel gelernt.

Man kann nur erleichtert feststellen, dass der undurchdachte Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesbildungsministerin schnell auf Widerspruch gestoßen ist. Nacheinander widersprachen der Chef der Bundesagentur für Arbeit Frank-Jürgen Weise und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer dem Vorschlag, noch mehr Einwanderung nach Deutschland zuzulassen. Dann ließ auch die Kanzlerin durch einen Sprecher erklären, dass das Zuwanderungsrecht nicht geändert werden solle. Es bleibt zu hoffen, dass diese Sommerloch-Debatte damit abgeschlossen ist. Anton Heinrich


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