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07.08.10 / Am Schleier scheiden sich die Geister / Die Burka erregt nicht nur in Europa die Gemüter – Totalverschleierung ein Freiheitsrecht?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Am Schleier scheiden sich die Geister
Die Burka erregt nicht nur in Europa die Gemüter – Totalverschleierung ein Freiheitsrecht?

Immer wieder flammt weltweit der Streit über die Ganzkörperverschleierung weiblicher Muslime auf. Verbote werden ausgesprochen, religiöse Toleranz diskutiert, Sicherheitsbedenken angemeldet. Das jüngste Verdikt wurde in einem muslimischen Staat selbst ausgesprochen: Syrien bannt seit Mitte Juli Burka und schwarzen Niqab aus dem gesamten Schul- und Universitätsleben.

Hunderte von total verschleierten Lehrerinnen wurden in Damaskus deswegen bereits in aller Stille in Verwaltungsjobs abgeschoben. Syrien zieht damit mit Ägypten, Jordanien, der Türkei und dem Libanon gleich und schließt sich der Sicht auch vieler europäischer Länder an, die in der völligen Verschleierung ein öffentliches Sicherheitsrisiko sehen und darauf hinweisen, dass sich sowohl Kriminelle als auch Terroristen vermehrt unter dieser Maske verstecken, wie jüngst ein festgenommener deutscher Dschihadist in Pakistan. Zudem prangern viele säkular eingestellte Führungskräfte diese religiöse Tracht als Provokation und Demonstration für einen militanten, islamischen Fundamentalismus an. Viele Europäer sehen in der Burka ohnehin eine Art verschleierter Bedrohung. Doch selbst auf den streng islamisch regierten Malediven ist in öffentlichen Ämtern die völlige Verschleierung aus Sicherheitsgründen untersagt, während etwa in Malaysia und Indonesien, den bevölkerungsreichsten islamischen Staaten, diese Art religiöser Tracht mit dem Wachsen fundamentalistischen Gedankenguts seit Jahren an Boden gewinnt.

Rund 71 Prozent der Deutschen sind nach jüngsten Umfragen ebenfalls für ein Verbot, in Frankreich waren es 82 Prozent. In Großbritannien und Spanien sprachen sich jeweils etwa 60 Prozent gegen die völlige Verschleierung aus, wenngleich auch Englands Premier David Cameron jüngst klar gegen ein Verbot votierte. In den USA dagegen, wo der militante Islam seit dem Kollaps des World Trade Centers als große Bedrohung empfunden wird, sprachen sich nur 28 Prozent für ein entsprechendes Gesetz aus.

In der Schweiz ist es vor allem die Christliche Volkspartei (CVP), die in der Verhüllung eine Demonstration islamischen Radikalismus sieht und am liebsten selbst das Kopftuch aus dem öffentlichen Leben verbannen will. Das belgische Parlament zeichnete ein völliges Burkaverbot (Volksmund: Ganzkörpergefängnis) ebenso ab wie Frankreich und die Niederlande. In Dänemark wird noch diskutiert, obwohl es dort nur maximal 400 verschleierte Frauen gibt. Allerdings steht es den jeweiligen Autoritäten zu, eigene Regeln zu erlassen. In Frankreich, wo das Verbot unlängst in Kraft trat, verschleierten sich zwischen 5000 und 10000 Frauen, in Großbritannien zwischen 2000 und 4000, in Deutschland zwischen 4000 und 6000, in Belgien etwa 900. In Italien, das zwischen 1300 und 3000 Trägerinnen der völligen Verschleierung zählt, ist vor allem in den norditalienischen Städten wie Como und Novara durch Verdikte der Lega Nord das Tragen in der Öffentlichkeit verboten. In Spanien hat sich die sozialistisch regierte Stadt Lleida zu einem völligen Verbot entschlossen, während die Zentralregierung in Madrid noch keine einheitliche Meinung an den Tag legt. Österreich (500 bis 1000 Trägerinnen) diskutiert noch ein Verbot. Insgesamt gibt es in acht europäischen Ländern Bestrebungen, das Tragen des Ganzkörperschleiers zumindest lokal einzuschränken. Im europäischen Parlament findet sich dafür gegenwärtig noch keine Mehrheit.

Die Vereinigung „This is my Choice“ muslimischer Frauen sammelte bislang bei 1857 Frauen aus 50 Ländern Unterschriften, die das Tragen eines Ganzkörperschleiers als religiöses Gebot sehen und sogar als Teil ihrer persönlichen Freiheit darstellen. 1338 dieser Frauen leben in Deutschland. Nur acht Prozent davon tragen den Niqab mit nur einem schmalen Sehschlitz, der Rest den das Gesicht frei lassenden Hijab oder das dunkle Tuch des Tschador. Insgesamt zeigen sich von den 1,6 Millionen muslimischen Frauen in Deutschland rund 520000 mit Kopftuch oder Schleier in der Öffentlichkeit.

Fundamentalistische Prediger in den konservativen arabischen Staaten, vor allem in Saudi Arabien, fordern derweil dazu auf, aus Ländern auszuwandern, die die Verschleierung diskriminieren, „das Land des Unglaubens“ zu verlassen. Die europäischen Frauen, so das Argument, würden sich oft weitgehend und gegen die Moral verstoßend entblößen – warum dürfe sich dann eine Muslima nicht verhüllen, wie es ihr gefällt? Wie echt diese „Freiwilligkeit“ aber wirklich ist, das fragen sich die Europäer.  Joachim Feyerabend


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