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07.08.10 / Bekenntnis zur klaren Form / Das Hamburger Architekturbüro gmp feiert mit Stadien und Museen Erfolge in Südafrika und China

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Bekenntnis zur klaren Form
Das Hamburger Architekturbüro gmp feiert mit Stadien und Museen Erfolge in Südafrika und China

Berlin, Peking, Stuttgart, Shanghai, Hamburg, Kapstadt – alle diese Städte haben eines gemeinsam: Bauten des Hamburger Architekturbüros gmp. Stadien, Flughäfen, Messehallen und Museen entstehen in der Ideenschmiede an der Elbe, grandiose Entwürfe, die oft ausgezeichnet werden.

Bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika wurde nicht nur ein sportlicher Titelwettkampf ausgetragen, auch die Stadien selbst standen im Wettbewerb. Eine Jury hat diesen jetzt entschieden: Sie krönte das Cape Town Stadion in Kapstadt als exzellenten Botschafter für deutsche Architektur mit dem Preis des Deutschen Stahlbaues 2010. Den Preis erhalten gemeinsam das Architekturbüro gmp von Gerkan, Marg und Partner sowie die Tragwerksplaner Schlaich Bergermann und Partner sbp. Die Preisverleihung erfolgt am Tag der Architektur auf dem Deutschen Stahlbautag (8. Oktober) in Weimar. Ein weiterer Höhepunkt im Schaffen des Hamburger Architekturbüros gmp, das seit Jahren weltweit agiert.

In China hat gmp ein Land gefunden, das ungeahnte Möglichkeiten bietet. Gerade jetzt haben sie mit dem Neubau eines Maritimen Museums in Lingang Aufsehen erregt. Mit seiner expressiven Dachform stellt sich das imposante Bauwerk als Wahrzeichen deutlich und eigenständig dar. Zwei gegeneinander gesetzte, leichte, 58 Meter hohe Dachschalen, welche beim Betrachter das Bild geblähter Segel zweier Dschunken hervorrufen, bilden das für die Gesamtfigur wichtige und identitätsbildende Leitbild für das Museum. „In dem sich unter dieser Dachform spannenden hallenförmigen Luftraum sollen große, historische Schiffsexponate kulturgeschichtlich gewertet und dem Publikum zugänglich gemacht werden“, so der Architekt Meinhard von Gerkan und sein Partner Nikolaus Goetze. „Die sich gegeneinander verschränkenden ,Segelflächen‘ stehen frei auf einem Sockel, in dem sämtliche museumsbedingten Funktionen enthalten sind. Großzügige Freitreppen laden zum Verweilen ein und bilden einen unmittelbaren Bezug zu den landschaftlich gestalteten Freianlagen.“

Dieses „ankernde Schiff“ hat seinen Liegeplatz in einer jungen Stadt gefunden, einer Stadt, die auf dem Reißbrett geboren wurde. Auf 74 Quadratkilometern sollen 800000 Einwohner untergebracht werden, um die ständig wachsende Stadt Shanghai zu entlasten. Mit seinen 46400 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist das Maritime Museum das größte in China. Gleichzeitig mit der Eröffnung wurde eine Kooperationsvereinbarung mit dem Maritimen Museum in Hamburg, der Partnerstadt von Shanghai, geschlossen. Geplant ist ein Austausch von Leihgaben und eine Zusammenarbeit im Ausstellungsbereich.

Meinhard von Gerkan, geboren 1935 in Riga, war zum ersten Mal 1998 im Land der Mitte, eingeladen zu einem Wettbewerb für den Neubau der Deutschen Schule in Peking.

Dieses Projekt war schließlich der Anfang einer großen Reihe von Aufträgen, die aus China nach Hamburg gelangten und in die anderen Büros, die gmp seit seiner Gründung 1965 in Deutschland eröffnet hat. Eine intensive Bautätigkeit war die Folge. Neben Museen, Bürotürmen und Messehallen in der Größe von über 20 Fußballfeldern war es vor allem die unweit von Shanghai gelegene Stadt Lingang (früher Luchao), die das Herz des Architekten höher schlagen ließ. „Der größte Reiz an den chinesischen Projekten liegt in ihrer außergewöhnlichen Größe und Aufgabenstellung“, so Meinhard von Gerkan. „Projekte dieser Dimension, sowohl inhaltlich als auch quantitativ, gibt es in Europa nur ganz selten, ebenso wie die Schnelligkeit, mit der viele der sehr großen Projekte in die Wirklichkeit umgesetzt werden.“

In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ räumte er allerdings ein, man müsse einen Großteil der Leistungen vor Ort erbringen, „mit örtlichen Kräften, auch wenn das schon mal länger dauert. Und man muss Abstriche machen beim Perfektionsanspruch, der unser Büro fast 30 Jahre begleitet hat, was Details betrifft und die Präzision der Ausführung. Das wird in China überhaupt nicht wahrgenommen.“

Meinhard von Gerkan und auch Volkwin Marg, sein aus Königsberg stammender Partner im Architekturbüro, sind geprägt von großem Respekt gegenüber dem historischen Bestand. Stets versuchen sie, den Charakter des jeweiligen Ortes in ihrem Entwurf zu berücksichtigen. So wurde die Erweiterung des Chinesischen Nationalmuseums in Peking schlicht dadurch erreicht, dass der trennende Hofbereich zwischen dem zweigeteilten Altbau mit einer schwebenden Konstruktion überdacht wurde. Auf diese Weise entstand ein neuer Schauraum.

„Wir bemühen uns, mit unserer Architektur in China gegen das verbreitete Klischee einer gefälligen Dekorationsarchitektur vorzugehen. Wir bekennen uns zu klaren und einfachen Formen, die auch bei den großen Dimensionen vieler chinesischer Projekte gleichermaßen Berechtigung haben.“ Silke Osman

Weitere Bauten aus dem Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner finden sich in einem Bildband des Prestel Verlags, München 2009, der Architektur aus den Jahren 2003 bis 2007 vorstellt (400 Seiten, 620 Abbildungen, davon 520 in Farbe, gebunden, 79 Euro). Rund 60 internationale Bauwerke werden anhand von Plänen, Fotografien, Skizzen und erläuternden Texten dokumentiert.


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