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07.08.10 / Alte und Neue Meister an der Elbe / Gegenwartskunst in einem spannungsvollen Dialog mit dem historischen Sammlungsbestand des Albertinums in Dresden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Alte und Neue Meister an der Elbe
Gegenwartskunst in einem spannungsvollen Dialog mit dem historischen Sammlungsbestand des Albertinums in Dresden

Das Albertinum in Dresden ist nach sechsjähriger Umbauzeit wiedereröffnet worden – die Skulpturensammlung und die Gemäldegalerie Neue Meister locken die Besucher mit Kunstwerken von der Romantik und dem Klassizismus bis zur Gegenwart.

Wer hätte 2002 – im Jahr der Flutkatastrophe, als das Hochwasser der Elbe auch die Kunstwerke des Albertinums bedrohte – vermutet, dass dieses Naturereignis zu einer Chance für das an der Brühlschen Terrasse gelegene Gebäude werden würde? Für Überlegungen dieser Art blieb damals wenig Zeit, waren doch Museumsmitarbeiter und Freiwillige vollauf beschäftigt, die Kunstwerke aus den Depoträumen im Untergeschoss vor den Fluten in Sicherheit zu bringen.

Die Sanierung des ehrwürdigen einstigen Zeughauses aus der Renaissance wurde unumgänglich. Mit einer besonderen Hilfsaktion setzten sich 45 internationale und nationale Künstler, unter ihnen Candida Höfer, Jörg Immendorf, Georg Baselitz, Gerhard Richter und A.R. Penck, für das Museum ein. Unter dem Motto „Künstler helfen Alten und Neuen Meistern“ spendeten sie eigene Werke für eine Benefiz-Auktion. Der Erlös von über 3,4 Millionen Euro bildete den Grundstock für die Generalsanierung, die insgesamt 51,2 Millionen Euro kostete und 2004 begann.

 Das Ergebnis überzeugt: Dank des Berliner Büros „Staab Architekten“ erfolgte der Umbau dergestalt, dass jetzt auch ein zweiter Museumseingang in das neue und lichte Foyer führt. Dies ist bereits eine große Verbesserung, besitzt das Haus doch so einen zentralen, vielseitig nutzbaren Innenraum, mit genügend Platz für Café, Buchladen, Galeriekonzerte und Theateraufführungen.

Aber die eigentliche Attraktion ist der über dem Innenhof „schwebende“ zweigeschossige Werkstatt- und Depotkomplex. Dieses architektonische Meisterwerk entstand aus der Notwendigkeit eines flutsicheren Lagerortes. Nicht von ungefähr wird die raumschaffende Konstruktion bereits als „Arche für die Kunst“ bezeichnet. Dank des behutsamen und unaufdringlichen Umbaus bleibt die wertvolle Bausubstanz des 450 Jahre alten Gebäudes erhalten.

Im Erdgeschoss ist die Skulpturensammlung eingezogen: Beginnend mit Werken von Auguste Rodin, dem großen Wegbereiter der Moderne, werden Entwick-lungslinien deutlich, die bis hin zu Plastiken zeitgenössischer Künstler führen. Mit einem Rundgang durch die Skulpturenhalle sowie durch den sogenannten Klinger- und den Mosaiksaal im ersten Obergeschoss kann der Besucher die Entwicklung der Skulptur vom Klassizismus bis in die Gegenwart verfolgen. Zudem eröffnen riesige gläserne Schaudepots dem Besucher bisher unbekannte Einsichten in das Innere des Museums und erschließen dem Auge lang verborgene Werke der Sammlung.

Im zweiten Obergeschoss befindet sich die Galerie Neue Meister. Auch hier wird Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart in einem Rundgang erlebbar. Angefangen mit Meisterwerken von Caspar David Friedrich wie dem „Großen Gehege bei Dresden“ oder „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ über weitere bedeutende Künstler der Dresdner Romantik wie Carl Gustav Carus und Ludwig Richter führt der Weg über den französischen und deutschen Impressionismus hin zu Werken der expressionistischen Künstlergruppe „Brücke“, die 1905 in Dresden gegründet wurde. Zu ihren Vertretern gehören Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff, die wichtige Wegbereiter der Moderne waren.

Mit erstmals eigenen Räumen für A. R. Penck und Georg Baselitz wird der Bogen bis in die Gegenwart geschlagen. Diese Räume sind ein Beispiel für sowohl lokales als auch internationales Kunstschaffen, da beide Künstler – wie auch Gerhard Richter – aus Sachsen stammen.

Richter sind zwei Räume gewidmet, mit denen der Rundgang endet. Der Künstler richtete diese Räume selbst ein und schuf aus diesem Anlass einen neuen, farbenfrohen Bilderzyklus in der Technik der Hinterglasmalerei.

Die großartige Qualität des Bildbestandes zeichnet die Galerie aus und macht sie zu einem der wichtigsten Museen Deutschlands. Gegenwartskunst tritt in einen spannungsvollen Dialog mit dem historischen Sammlungsbestand. Der Besucher durchschreitet die Geisteswelten vergangener Kunstepochen, die sichtbar bis in die Gegenwart ausstrahlen.

 Das neue Albertinum ist in seiner Gesamtheit auf Begegnungen zwischen Malerei und Skulptur, Romantik und Moderne, zwischen Ost und West, zwischen gestern, heute und morgen ausgerichtet. Bedenkt man, wie viel Kunst in Dresden über Jahrhunderte gesammelt wurde und wie inspirierend dieser Ort für Künstler war und ist, so ist es besonders wertvoll, dass nun auch die Kunst vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart in dem wiedereröffneten Albertinum ihr „Zuhause“ bekommen hat.             CvK

Das Albertinum in Dresden, Brühlsche Terrasse und Georg-Treu-Platz, ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt: 8/6 Euro (inklusive Audioguide).


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