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07.08.10 / Einwanderung löst nicht das demographische Problem / Auch in Russland sind viele Neubürger mehr Last als Gewinn – Immer mehr lassen sich im Königsberger Gebiet nieder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Einwanderung löst nicht das demographische Problem
Auch in Russland sind viele Neubürger mehr Last als Gewinn – Immer mehr lassen sich im Königsberger Gebiet nieder

Russland versucht, Auslandsrussen und Bürger der ehemaligen Nachbarsowjetrepubliken (wieder) ins Land zu locken. Die meisten Teilnehmer am entsprechenden staatlichen „Rück-siedlungsprogramm“ gehören der zweitgenannten Gruppe an, und viele von ihnen wollen sich im Königsberger Gebiet niederlassen. Die erste Familie kam im Rahmen dieses Programms im Herbst 2007 aus Kirgisien und fand in Rauschen ihre neue Heimat. Im Juni stieg die Zahl der Übersiedlungswilligen aus diesem Land sprunghaft, gewiss wegen der politischen Ereignisse dort. Jeder dritte Antrag auf Teilnahme an dem Programm kommt zur Zeit aus Kirgisien, insgesamt sind es über 3500 Antragsteller und es werden immer mehr.

Nicht nur die Zahl der Antragsteller ist gestiegen. Sehr viele, die bereits vor längerer Zeit eine Genehmigung zur Übersiedlung erhielten, sie aber noch nicht genutzt hatten, kommen jetzt ins Königsberger Gebiet.

Vor kurzem wurde in Königsberg eine Bilanz nach drei Jahren staatliches Rücksiedlungsprogramm gezogen. Es zeigte sich, dass 40 Prozent aller Rückkehrer, insgesamt 7500 Menschen, ins Königsberger Gebiet gezogen sind. Laut Analyse stellt die Beschäftigung der Übersiedler eines der größten Probleme dar. Nach Angaben des städtischen Ministeriums für die Gebietsentwicklung lehnten drei Viertel der Migranten die ihnen angebotene Arbeit ab. Sie tun dies entweder, weil ihnen die Bezahlung mit unter 10000 Rubel (253 Euro) zu gering ist oder weil die angebotene Stelle nicht ihrem Berufsbild entspricht. Bestimmte Berufsgruppen sind überhaupt nicht vermittelbar, weil ihnen die geforderten russischen Abschlüsse fehlen. Um die entsprechenden russischen Zulassungsvoraussetzungen nachzuholen, müssten die Übersiedler Prüfungen in Moskau oder St. Petersburg ablegen, weil es nur dort die entsprechenden Prüfungsbehörden gibt. Das wiederum wäre mit hohen Kosten für die Rückkehrer verbunden. Neben der Hürde der Qualifikation wirken sich auch die Folgen der Wirtschaftskrise auf die Beschäftigung von Übersiedlern aus. Sie müssen mit vielen arbeitssuchenden Gebietsbewohnern konkurrieren.

Seit Beginn des Programms haben erst 2500 Übersiedler Arbeit gefunden, also ein Drittel der Gesamtzahl. Etwa 130 gründeten eigene Unternehmen, meist im Bereich des Handels.

Die Mitarbeiter im Ministerium für die Stadtentwicklung des Gebiets konstatieren eine gesteigerte Erwartungshaltung. Die Forderungen vieler Übersiedler seien übersteigert, heißt es. So stößt zum Beispiel ein Arbeitsangebot im Bau mit einem Monatslohn ab 15000 Rubel (380 Euro) mit Bereitstellung von Wohnraum in einem Wohnheim selten auf Interesse.

Um die Beamten auf die steigende Zahl der Migranten vorzubereiten, plant das Ministerium Seminare, in denen praktische Fragen und Probleme bei der Arbeit mit Übersiedlern erörtert werden. Wie sich herausstellte, war die bisherige Kompetenz der örtlichen Beamten bei der Umsetzung des Rücksiedlungsprogramms unzureichend. Es wurden Fälle bekannt, in denen in den Rajons Anträge potenzieller Rück­kehrer nach nur ein oder zwei Tagen der Überprüfung mit der Bemerkung „Solche Spezialisten brauchen wir nicht“ abgelehnt wurden.

Viele Teilnehmer am staatlichen Rücksiedlerprogramm zeigen Interesse an verlassenen Wohnhäusern, die sie wiederherstellen möchten, doch nicht selten stoßen sie mit ihren entsprechenden Anfragen bei den Verantwortlichen auf Unverständnis. Deshalb scheinen Fortbildungsseminare für Beamte der Städte, der Regionalverwaltungen, der Einwanderungsbehörde sowie anderer Ämter sinnvoll.     J.T.


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