28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.08.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,                 

liebe Familienfreunde,

„Fortsetzung folgt“ könnte unter unserer wöchentlichen Kolumne stehen, denn die Ostpreußische Familie ist eine endlose Geschichte oder eine endlose Folge von Geschichten. Und so schließt sich auch unser heutiger erster Suchwunsch nahtlos dem Bericht über den Gedenkstein für die in Königsberg verstorbenen Kinder an, in dem ich schrieb, dass wohl manch ein Besucher unserer alten ostpreußischem Metropole eine Blume an den Stein auf dem ehemaligen Luisenfriedhof niederlegen wird. Zu Besuch in ihrer Heimatstadt war auch vor kurzem Frau Margot Willschinski aus Kassel, und es war das erste Mal, dass sie die Straßen und Plätze der Stadt aufsuchte, in der die 1938 Geborene ihre Kinderjahre verbracht hat. Das war vor allem in Amalienau, die kleine Margot wohnte mit ihren Eltern und der vier Jahre älteren Schwester in einem der neuen Wohnblöcke, die in der Schrötterstraße für junge Familien gebaut worden waren. Sie stehen nicht mehr, sind bei den Kämpfen um Königsberg zerstört worden, obgleich sie bei den Bombenangriffen im August 1944 heil geblieben waren, heute erhebt sich dort der große Gefängniskomplex. Die Angriffe hatte Margot mit ihren Angehörigen in einer Gartenlaube in Charlottenburg erlebt, wobei sie verschüttet wurden, aber Nachbarn schaufelten sie frei, so dass sie keinen körperlichen Schaden nahmen, aber Ängste blieben zurück. Danach wurde die Mutter mit ihren beiden Töchtern nach Schönwalde im Samland evakuiert und bei der Gutsarbeiterfamilie Willuweit einquartiert. Nach diesen Wirtsleuten hat Frau Willschinski schon einmal gesucht, aber das war noch vor der Wende, und unsere „Ostpreußische Familie“ bestand damals noch aus einer mageren Spalte, so dass es nur eine kurze Notiz war, die keine Resonanz erbrachte. Heute können wir sie noch mit einer kleinen Erinnerung von Margot Willschinski ergänzen, die den Sohn der Willuweits, den damals 16-jährigen Helmuth betrifft. Trotz des Altersunterschiedes entspann sich in der kurzen Zeit zwischen Margot und Helmuth eine feste Freundschaft, die darin gipfelte, dass der Junge versprach, sie später einmal zu heiraten. „Mein erster Heiratsantrag“ erinnert sich Frau Margot heute lachend. Aber dieser war nicht der Grund, warum sie nach der Familie Willuweit aus Schönwalde suchte und heute noch sucht, es waren so liebenswerte Menschen und Frau Willschinski wäre froh, zu hören, ob und wie sie überlebt haben. Der Hauptgrund ihres Anrufes bei mir aber war, dass sie gerne Fotos von der ehemaligen Schrötterstraße hätte. Ihre Mutter hat damals selber viele Aufnahmen gemacht, aber keine konnte gerettet werden. Vielleicht besitzen ehemalige Bewohner dieser zwischen Hammerweg und Stresemannstraße gelegenen Straße noch alte Aufnahmen, Frau Willschinski würde sich freuen, wenn sie Abzüge bekäme. (Margott Willschinski, Mörickestraße 15 in 34125 Kassel, Telefon 0561/874373.)

Im Augenblick mutet es aufgrund der Suchfragen so an, als hießen alle Königsberger „Neumann“ na ja, immerhin recht viele. Nun ist dieser Name im Königsberger Einwohnerbuch auch mit Eintragungen reichlich vertreten, aber die Vielzahl der Fälle ist doch leicht verwirrend. Da hatte ich in Folge 14 die Suchfrage von Herrn Jürgen Neumann aus Kronach nach der Familie seines vermissten Vaters, des Postmaschi­nisten Theodor Neumann, gebracht. Immerhin ist nun durch Herrn Frank Schneidewind aus Olpe bestätigt worden, dass die Familie tatsächlich, wie Herr Neumann vermutete, in Kalgen südwestlich von Königsberg gewohnt hatte. Wenigstens ist nun die richtige Hausnummer geklärt, vielleicht melden sich jetzt ehemalige Mitbewohner oder Bekannte von Theodor und Elfriede Neumann, die mit Sohn und Tochter im Parterre des Hauses Bachweg Nr. 24 wohnten. Jürgen Neumann bekam diese Mitteilung von Herrn Schneidewind zugesandt, der ihm auch wichtige Hinweise für diese Suche nach dem vermissten Vater geben konnte.

Jetzt kommen wir zum Fall Neumann Nr. 2. Wenn man einen Brief vom „Restaurant Marjellchen“ aus Berlin bekommt, dann denkt man unwillkürlich an leckere Königsberger Klopse und andere heimische Spezialitäten. Irrtum: Die Inhaberin des bekannten Berliner Lokals in der Mommsenstraße, Frau Ramona Azzaro, übermittelt uns eine Suchfrage, die an sie gestellt wurde – allein aufgrund des ostpreußischen Mädchennamens. Sie schreibt:

„Seit vielen Jahren bin ich Abonnentin der PAZ und lese mit Interesse die von Ihnen geführte Rubrik. Kürzlich rief mich eine Dame aus Grimma in Sachsen an, die im Fernsehen einen Beitrag über mein Restaurant, welches ich jetzt bereits seit 25 Jahren betreibe, gesehen hat. In diesem Beitrag wurde auch erwähnt, dass ich im Besitz des Einwohnerbuches von Königsberg 1941 bin, und nun hofft diese Dame, dass ich einen Eintrag finde, der auf ihren leiblichen Vater Erich Neumann hinweisen könnte. Unter dem Namen Neumann sind natürlich viele Eintragungen vorhanden, aber leider weiß die Dame wenig Einzelheiten, ihre Mutter hatte sich vor ihrem Mann getrennt und so lange sie lebte, ihrer Tochter niemals Näheres über den Vater berichtet. Sie weiß nur so viel: Erich Neumann, *2. Juli 1905 in Königsberg, hat vermutlich in Kalthof gewohnt, ist später wohl nach Pirna in Sachsen und später in den Westen gegangen. Nun möchte sie wissen, ob ihr Vater noch Geschwister hatte und ob jemand etwas über ihn und seine Familie sagen könnte.“

Frau Azzaro weiß selber, dass es aufgrund dieser wenigen und noch mit Fragezeichen versehenen Angaben fast unmöglich ist, eine Spur zu dieser Familie Neumann zu finden, aber sie fühlt sich verpflichtet, die Suchfrage an mich weiter zu leiten und ich, diese an unsere Leserinnen und Leser weiter zu geben. Frau Azzaro ist gerne bereit, Informationen anzunehmen und sie Frau Görnitz zu übermitteln (Restaurant Marjellchen, Mommsenstraße 9 in 10629 Berlin, Telefon 030/8832676, Fax 030/88729890), nennt aber auch für diejenigen, die sich direkt mit der Suchenden in Verbindung setzen wollen, deren Adresse: Rosemarie Görnitz, Tempelberg Straße 10 in 04668 Grimma.

Es gibt noch einen Fall „Neumann Nr. 3“, aber hier muss ich noch nachfassen, weil die Angaben zu ungenau sind.

So mancher Ahnenforscher, der einen „blinden Fleck“ in seiner Familie hat, findet erst über einen Umweg zu uns. So auch Frau Freya Rosan, die von Herrn Reinhard Kayss vom Kreisverband Neidenburg den Rat erhielt, sich an unsere Ostpreußische Familie zu wenden. Ihre Leerstelle in der Familiengeschichte betrifft ihren Großvater, von dem sie kaum etwas weiß. Er hieß Andreas Wessolowski und lebte etwa seit 1916 in Sabloczyn später Sablau im Südwesten des Kreises Neidenburg. Er war wohl durch die Kriegsereignisse dorthin gekommen und hielt sich in dem entlegenen Dorf versteckt, weil er keinen Militärdienst leisten wollte. Andreas Wessoloski, der vermutlich katholisch war, wurde nie eingebürgert, er besaß in den 20er Jahren einen grünlichen Pass mit seinem Foto. Es ist anzunehmen, dass er aus den durch den Versailler Vertrag abgetretenen Gebieten stammte und als staatenlos galt. Wir haben einen ähnlichen Fall in Folge 28 behandelt. Er verstarb übrigens schon 1927 im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, der Geburtstermin ist ebenso unbekannt wie der Geburtsort. Frau Rosan möchte nun Näheres über diesen „grünlichen Pass“ wissen. Wahrscheinlich beinhaltete er eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ähnlich der heutigen „Green Card“. Frau Rohan hat leider nur ihre E-Mail-Adresse angegeben (f.rosan@web.de), wer nicht diesen Weg wählen will oder kann, schreibe an die Ostpreußische Familie.

Unsere Ostpreußische Familie ist schon eine Fundgrube und es hat sich wieder etwas eingefunden, das vielleicht nur durch uns in die richtigen Hände kommen kann. Es handelt sich um eine Bibel, die von ihren Besitzern auf die Flucht mitgenommen wurde und dabei verloren ging. Frau Marie-Madeleine Denk aus Kerpen fand sie bei der Wohnungsauflösung ihrer Mutter. Diese hatte sie vor 30 Jahren bei einem Heimatbesuch von einem dort verbliebenen Cousin erhalten, der ihr die Bibel mitgab mit der Bitte, die Besitzer der Bibel ausfindig zu machen. Das ist aber nie gelungen und deshalb wendet sich Frau Denk an uns in der Hoffnung, diese ostpreußische Familie im Kreis unserer Ostpreußischen Familie zu finden. Aus den gut leserlichen Eintragungen können wir entnehmen, dass die Bibel dem Ehepaar Carl Otto Frank und Anna Emma Erna Frank verwitwete Romikat geborene Broßat zur Hochzeit geschenkt wurde. Das Paar wurde am 31. September 1940 in Breitenstein von Pfarrer Moderegger getraut. Der Bräutigam wurde am 12. September 1908 in Altsnappen geboren, die Braut am 7. Mai 1906 in Kraupischkehmen. Anscheinend nahm Anna Frank die handschriftlichen Eintragungen vor, denn sie betreffen ihre Familie. Ihr Vater Christoph Broßat, *12. Juli 1863, stammte aus einer im nordöstlichen Preußen – damals „Preußisch-Lithauen“ – angesiedelten litauischen Familie, wie der Name des 1824 geborenen Großvaters beweist: Jurgis Brozzat, der mit Annike M. verheiratet war – der Name ist leider unleserlich. Auch die Namen weiterer genannter Vorfahren sind in der mit zugesandten Kopie nicht leicht zu enträtseln, beweisen aber auch die litauische Herkunft wie der des Großvaters mütterlicherseits: Erdmann Proßuweitis. Die in dieser kleinen Familienchronik genannten Personen wurden in Budwethen, Kattenau und Kraupischken – das 1938 in Breitenstein umbenannt wurde – getauft. Über die Familie des Bräutigams ist nichts bekannt, aber sie muss auch aus dieser Gegend stammen, denn sein Geburtsort Altsnappen lag im Kreis Pillkallen/Schlossberg und hieß bis 1938 Alxnupönen. Vielleicht gibt es Nachkommen aus dieser im Krieg geschlossenen Ehe oder aus der ersten von Anna Frank, die als Witwe heiratete. Namen genug, Hinweise genug – ob sie aber genügen, um die Bibel in die richtigen Hände zu geben, ist fraglich. Wir hoffen mit Frau Denk, dass dies endlich gelingt. (Marie-Madeleine Denk, Broichmühlenstraße 15a in 50171 Kerpen, Telefon 02237/51344.)

Wie schwierig die Ahnenforschung gerade im nördlichen Ostpreußen ist, beweist eine Zuschrift, die ich von dem Kirchspielvertreter von Schillen, Herrn Walter Klink, erhalten habe. Er bezieht sich auf die Suche von Herrn Marco Starik in Folge 28 nach dessen Ururgroßmutter Berta Auguste geborene Hobucher, *1884 in Kindschen. Herr Klink erklärt:

„Nach der mir vorliegenden Kopie zum ,Geburtenverzeichnis Kirchspiel Schillen (Szillen) 1850–1934‘ ist diese dort nicht verzeichnet. Neben der Gemeinde Kindschen gab es auch den angrenzenden Gutsbezirk Kindschen. Dieser gehörte jedoch zum Kirchspiel Ragnit Land. Von Ragnit, Stadt und Land, gibt es aus der Zeit um 1884 im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin keine Unterlagen. Bis Ende des Ersten Weltkrieges gab es die Landkreise Ragnit und Tilsit, deren Bereiche beiderseits der Memel lagen. Durch die Abtrennung des Memellandes wurden die Bereiche südlich der Memel zum Kreis Tilsit-Ragnit zusammen gefügt.“

Vielen Dank, lieber Herr Klink, für diese Information, die bestätigt, wie wichtig die Mitarbeit von engagierten, in der Heimat- und Familienforschung erfahrenen Landsleuten für unsere Ostpreußische Familie ist.

Eure Ruth Geede


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren