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07.08.10 / Im Schwang der Melodie / Gesang, Tanz und Musikgeschichte: Musikwochenende im Ostheim war ein voller Erfolg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Im Schwang der Melodie
Gesang, Tanz und Musikgeschichte: Musikwochenende im Ostheim war ein voller Erfolg

Das ostpreußische Musikwochenende in Bad Pyrmont bot einen familiär gestalteten Rahmen für ein musikalisches Treffen von über 60 durch Liebe und Gefühl für Ostpreußen geprägten Menschen. Besonders erfreulich war die erneute Teilnahme einer Chorabordnung der deutschen Minderheit aus Allenstein und Osterode, aber auch das fröhliche Wiedersehen bekannter Gesichter aus dem Arbeitskreis Nordostdeutsche Musik e.V.

Um 7 Uhr weckten Gern-Frühaufsteher mal mit Akkordeon, mal virtuos mit Violine und Flöte, mal mit frischen Kinderstimmen der Familie aus Bayern. Mit Morgen-, Mai-und Frühlingsliedern vor dem Frühstück begrüßten alle Teilnehmer gemeinsam im Treppenhaus den neuen Tag, und ein „Morgenspruch“ stimmte nach alter Tradition auf ihn ein. Nach dem Frühstück wurde dann im großen Saal. unter der Leitung von Karin Petersen aus dem Liederbuch „Der wilde Schwan“ gemeinsam gesungen.

Die Zeit zwischen halb zehn und zwölf Uhr gehörte den beiden Arbeitsgruppen „Singkreis“ (gemischter Chor) und „Blockflötenkreis“, geleitet von Karin Petersen bzw. Solveig Hachtmann. Mit intensiver Stimmbildung begann das Chorsingen, und auch das Einstimmen der Blockflöten nahm einige Zeit in Anspruch. Danach konnte die Erarbeitung der Klangbilder beginnen. Das schmackhafte Mittagessen und die daran anschließende Ruhezeit boten angenehme Unterbrechung, und erst nach dem gemeinsamen Kaffeetrinken wurde die Probenarbeit fortgesetzt.

Einige Teilnehmer verzichteten auf eine lange Mittagspause und übten unter der Leitung von Brigitte Schulze Schrittkombinationen und Tanzfiguren. Bei der Vorführung im Preußensaal regten die frischen Bewegungen zum Mitsingen und zu rhythmischem Applaus der Zuschauer an.

Der sonnabendliche Glanzpunkt der Tagung war der durch Lichtbilder und Tonabspielungen ergänzte Vortrag von Heidrun Beißwenger über die seit 125 Jahren vergessene romantische Komponistin Emilie Mayer (1812–1883), die 2005 von Almut Runge-Woll der Musikwissenschaft in einer Dissertationsschrift vorgestellt worden war. Aus Briefen einer Schulkameradin der Komponistin sind spärliche Berichte über Emilie Mayers Leben bekannt geworden. Gebürtig aus Friedland in Mecklenburg, soll Emilie Mayer die ersten 28 Jahre ihres Lebens in ihrem Heimatort verbracht haben. Als Schülerin von Carl Loewe zog sie später nach Stettin, wo Carl Loewe Organist an der St. Jacobi-Kirche war. Mit ihm gemeinsam soll sie dort sogenannte Volkskirchenkonzerte ins Leben gerufen haben. 1847 ging Mayer nach Berlin, um ihre Studien bei hervorragenden Lehrern fortzusetzen. 1850 gab sie dort ihr erstes Konzert im Königlichen Schauspielhaus.

Frau Beißwenger unterbrach ihren Vortrag immer wieder, um die Sätze der 5. Symphonie zu Gehör zu bringen. Es entstand ein zwischen Beethoven, Schubert, Schumann und Liszt liegender Klangeindruck. Diese Symphonie ist die einzige heute zugängliche von insgesamt acht aus dem Schaffen Mayers, die zu ihrer Zeit eine gefeierte Komponistin war und deren Werke in vielen Musikmetropolen Europas, wie Wien, München, London, aufgeführt wurden. Auch der damals regierende König Friedrich Wilhelm IV., Förderer der Künste, soll ein Liebhaber von Mayers Kompositionen gewesen sein. Von den wenigen Chorsätzen, die von Mayer erhalten sind, hat der Singkreis einen erarbeitet („Liebchen, wach auf“) und einen zweiten „angesungen“ („An den Schlaf“), um ihn eventuell im nächsten Jahr noch einmal aufzunehmen.

Der elfköpfige Blockflötenkreis war wechselweise besetzt mit Sopranino, Sopran-, Alt-, Tenor-, Bass- und Großbassflöten. Erarbeitet wurden unter anderem wohlklingende Madrigale im Quartett. Ein doppelchöriges Stück, komponiert vom Hofkapellmeister Vodnansky – mit hohem und tiefem Chor –, entführte in die höfische Festmusik Böhmens ins 18. Jahrhundert.

Gern ließ man auch die heimatlichen Volkslieder mehrstimmig erklingen. Dazu benutzte man das Liederbuch „Der wilde Schwan“ von Eike Funck und das Chorheft mit drei- und vier-stimmigen Liedsätzen, herausgegeben vom Arbeitskreis Nordostdeutsche Musik. Beide Bücher konnten denen, die sie nicht besitzen, in begrenzter Anzahl vom Ostheim zur Verfügung gestellt werden. Außerdem gab es für alle Teilnehmer von der Chorleiterin erstellte Liedblätter.

Die angenehme Hausatmosphäre, die gemeinsamen Mahlzeiten, die Gespräche in zunehmend vertrauter werdender Runde haben das Treffen zu einem abgerundeten Erlebnis gemacht im Zusammensein mit Menschen, die sich vielleicht wiedertreffen möchten zum gemeinschaftlichen Kulturerlebnis.

Für das nächste Zusammensein werden mehr Instrumente gewünscht. Auch die Gitarren sollten wieder dabei sein! In den Alltag möge das bewusst erlebte Atemholen noch lange hineinwirken. Ob es dann Pfingsten 2011 wieder heißt: Ostpreußisches Musikwochenende in Bad Pyrmont?      CP


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