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28.08.10 / Preußen und die USA / Der Freundschaftsvertrag von 1785 ist fast vergessen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-10 vom 28. August 2010

Preußen und die USA
Der Freundschaftsvertrag von 1785 ist fast vergessen

Der preußisch-US-amerikanische „Treaty of Amity and Commerce“ (Freundschafts- und Handelsvertrag) vom 10. September 1785 war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert und ist geeignet, interessante Fakten über beide vertragsschließende Staaten aufzuzeigen.

Friedrich der Große war in den entstehenden Vereinigten Staaten sehr beliebt. Er hatte sich deutlich gegen den Verkauf von Landeskindern aus Hessen-Kassel, Hessen-Hanau, Ansbach, Waldeck und Anhalt-Zerbst an die englische Krone geäußert. Auch wenn seine Zeilen an Voltaire in einem Brief vom 18. Juni 1776: „Wäre der Landgraf von Hessen aus meiner Schule hervorgegangen, so würde er den Engländern seine Unterthanen nicht verkauft haben, wie man Vieh verkauft, um es auf die Schlachtbank zu schleppen“ wohl nicht im Bewusstsein der Amerikaner präsent sein konnten, so hatten die amerikanischen Bürger doch davon Kenntnis, dass Fried­rich der Große die Menschentransporte soweit wie möglich behinderte. Entfernt wurde auch der Generalinspekteur der amerikanischen Armee, Friedrich Wilhelm von Steuben, mit Preußen in Verbindung gebracht, obwohl dieses nur bis zu dessen Ausscheiden aus der Armee des Königs im Jahre 1762 gerechtfertigt war.

Insofern war es naheliegend, dass die führenden Kongressmitglieder schon sehr kurz nach Beginn des Revolutionskrieges Kontakt mit Preußen aufnahmen. Sie schickten Gesandte in die europäischen Länder, um die Chancen für diplomatische Beziehungen auszuloten. Während die Abgesandten des amerikanischen Kongresses in Frankreich, das im 18. Jahrhundert der Rivale der Engländer war, sofort auf positive Resonanz stießen, hielt der Preußenkönig eine gewisse Distanz und wollte erst einmal den Ausgang des Kriegs abwarten. Er wollte die Amerikaner nicht entmutigen, andererseits die Engländer nicht verärgern. In einer Notiz vom 9. Mai 1777 schrieb er seinen Ministern, die Unterhändler mögen in Berlin inkognito als Kaufleute getarnt auftreten. Unmittelbar nach Kriegsende autorisierte der König seinen Gesandten im Haag, Friedrich Wilhelm von Thulemeyer, zu Verhandlungen, die dieser mit John Adams, Thomas Jefferson und Benjamin Franklin führte.

Der von ihnen ausgehandelte Freundschafts- und Handelsvertrag war nicht nur rein wirtschaftlich konzipiert, sondern enthielt auch einen Artikel (23) zur Weiterentwicklung der Humanität zwischen den Staaten. Benjamin Franklin hatte ihn selbst eingefügt und er hat die aus­drück­liche Billigung des Preußenkönigs gefunden. Danach sollten die Zivilisten – für den Fall, dass es doch einmal zum Krieg zwischen den vertragsschließenden Parteien kommen sollte – unbehelligt gelassen werden. Sollte ihr Besitz trotzdem beeinträchtigt werden, sollten sie eine Entschädigung erhalten.

Im wirtschaftlichen Teil des Vertrages wurde der Zollfreiheit für den Austausch von Tabak, Reis, Indigo und Walfischtran aus Amerika gegen schlesisches Leinen, Porzellan, Eisenwaren und Tuche aller Art aus Preußen vereinbart. Obwohl Preußen damals keine nennenswerte Flotte besaß, erhoffte sich Friedrich von dem Vertrag vor allem die Förderung seines ostfriesischen Hafens Emden. Im Gegensatz zu seiner ansonsten doch noch starr merkantilistischen Wirtschaftspolitk stimmte der König dem Gedanken zu, dass ein freier Wettbewerb zwischen Käufern und Verkäufern den Wert der Waren bestimmen sollte.

Allerdings hat der Kongress in den Vereinigten Staaten diesen so geschichtsträchtigen Vertrag erst am 17. Mai 1786 ratifiziert. Das hing damit zusammen, dass bei den vorausgegangenen Sitzungen nicht genügend Staaten vertreten waren. Man hat das als eine Art europäisch verwurzelte Kleinstaaterei bezeichnet.  Jürgen Ziechmann


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