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28.08.10 / Volle Restitution bis 1917 – auf Ostpreußen kaum anwendbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-10 vom 28. August 2010

Volle Restitution bis 1917 – auf Ostpreußen kaum anwendbar

Die Kirche hat einen guten Magen. Hat ganze Länder aufgefressen und doch noch nie sich übergessen.“ Wenn diese Worte von Mephistopheles in „Faust I“ zutreffen, dann für die Russisch-Orthodoxe. Sie kann gar nicht bewältigen, was ihr im Augenblick zuwächst. Nach einem Gesetz von Ende 2009 werden alle kirchlichen Güter restituiert, die ein Opfer der Revolution geworden waren. Ein derartiges Gesetz ist durchaus positiv zu werten, zeigt es doch, dass die Russische Föderation auch weiterhin auf dem Wege zum Rechtsstaat ist. Die Russisch-Orthodoxe Kirche erblickt in dem Gesetz jedoch nicht die Wiederherstellung eines Rechtszustandes, sondern sieht darin in erster Linie die Möglichkeit, Mittel und Macht zu vergrößern.

Immobilien und Sakralgegenstände sind in letzter Zeit in solchem Umfang an sie übergegangen, dass sie sich daran zu verschlucken droht. Ihr fehlt zum großen Teil die Sachkompetenz, die erworbenen Immobilien zu erhalten oder zu restaurieren, von der Pflege der erworbenen Kunstgegenstände ganz zu schweigen. Viele Fachleute in Russland sehen in dieser Entwicklung sogar eine Gefährdung des nationalen Kul­tur­erbes. Unlängst richtete der Generaldirektor der Museen des Moskauer Kremls, Andrej Batalow, gemeinsam mit über 40 russischen Museumsleitern eine leidenschaftliche Petition an den Moskauer Patriarchen Kyrill I. und die Regierung, dieser Entwick­lung Einhalt zu gebieten.

Solange „Gottes sterbende Häuser“, wie eine treffende Bezeichnung lautet, in Ruinen liegen, rührt die Russisch-Orthodoxe Kirche meist keinen Finger. Wenn aber etwas wiederhergestellt wurde, und das in Ostpreußen meist mit deutscher Hilfe wie beispielsweise die Kirche von Tharau, dann ist schnell ihre Begehrlichkeit geweckt. Da der Staat auf die emotionale Rückenstärkung durch die Kirche bedacht ist, verhält er sich in den meisten Fällen eher fördernd als zurückhaltend. Selbst auf die Reste der Ordensschlösser wird mit dem Argument Anspruch erhoben, dass sich in ihnen früher Kapellen befunden hätten. So ging unlängst selbst das nahe Insterburg gelegene Georgenburg in die Hände der Russisch-Orthodoxen Kirche über. Dies gilt auch für die Königsberger Kirchen, die den Krieg überstanden haben. Der Königsberger Dom ist dem Zugriff der Russisch-Orthodoxen Kirche nur entgangen, weil die maßgebliche Kraft seines Wiederaufbaus, der ehemalige Militäringenieur Igor Odinzow, über einflussreiche Kontakte weit in staatliche Stellen hinein verfügt.           J.N.


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